Den Eiger im Blick: Mehrtages-Wanderung durch Jungfrau-Region

Ob mein Plan wohl aufgehen wird? Ich möchte doch eine Mehrtageswanderung durch die Schweizer Jungfrau-Region machen und mich dabei dem Eiger, der die Landschaft des zentralen Berner Oberlandes dominiert, nähern. Doch der Regen hatte die ganze Nacht an die roten Fensterläden der kleinen Berghütte getrommelt. Gegen sechs Uhr am Morgen herrschte dann endlich Stille. Jetzt ist es zwar trocken, doch die in der Wanderkarte verzeichneten Gipfel hüllen sich noch in dichten Nebel.

„Das Wetter wird gut heute“, verspricht der Wirt beim Frühstück und so machen wir uns mit Regenjacken bekleidet auf den Weg. Der Gastgeber hatte Recht. Mit jedem Kilometer ziehen die weißen Schwaden weiter in die Höhe, langsam geben sie den Blick ins Tal frei.

Plötzlich ertönt ein lauter Pfiff. Ein Murmeltier hat uns erspäht und warnt seine Artgenossen. Es lässt sich kurz mit dem Fernglas beobachten, dann verschwindet es in seinem Bau. „Wenn ihr zeitig unterwegs seid, bekommt ihr die Tiere auf jeden Fall zu sehen“, hatte Bergführerin Doris Graf Jud von den Jungfraubahnen am Vortag versprochen. Wir haben Glück und schon wenig weiter zeigen sich einige Gämse auf einem kahlen Bergkamm der Alpen.

Freier Blick auf die berühmten Gipfel von Eiger, Mönch und Jungfrau

Die Herde wird immer größer und schließlich springen dutzende Tiere die steilen Felsen hinab, überqueren einen Bach und grasen auf den bunt blühenden Almwiesen. Wir beobachten das Geschehen mit dem Fernglas und blicken uns nach wenigen Minuten um. In der Zwischenzeit hat sich endlich der Nebel verzogen und den Blick auf die berühmten Gipfel von Eiger, Mönch und Jungfrau freigegeben.

Eiger
In den Alpen trifft man die Kühe auch auf den Weiden der Almen an ©Thomas Sbikowski

Hoch über Grindelwald aber unterhalb des Eigers

Bei einer Mehrtageswanderung in der Schweizer Jungfrau-Region geht es hoch hinaus in die alpine Bergwelt. Eine aussichtsreiche Tour führt über drei Etappen von der Grossen Scheidegg über das Faulhorn bis zur Schynigen Platte. In einer Höhe um 2.000 Meter sind jeden Tag zwischen sechs und 13 Kilometer zu bewältigen, leichtere Wegevarianten sehen kürzere Strecken vor und eignen sich auch für trittsichere Einsteiger. Übernachtet wird in traditionsreichen Berghotels mit Panoramaterrassen, von denen sich Blicke auf die beeindruckenden Gipfel eröffnen.

Spektakulär geht es auch bei der An- und Abreise zu und so gelangen Reisende bereits seit 1895 mit einer Zahnradbahn ganz bequem auf die Schynige Platte und wieder ins Tal hinab. Vor oder nach der Wanderung sollten Urlauber noch einen Abstecher zum Jungfraujoch einplanen.

Vom Bergdorf Grindelwald geht es mit den Gondeln des Eiger Express vorbei an der legendären Nordwand zum Eigergletscher und mit der historischen Zahnradbahn weiter hinauf zum Jungfraujoch zum höchsten Bahnhof Europas auf 3.454 Meter. Von der Aussichtsplattform ist mit dem Aletschgletscher der größte Gletscher der Alpen zu sehen, bei gutem Wetter lohnt sich ein Schneespaziergang zur Mönchshütte.

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Mit der historischen Zahnradbahn geht es hinauf auf die Schynige Platte ©Thomas Sbikowski

Einkehr mit Panoramablick auf den Eiger

Wir haben die erste Etappe gemeistert und sind im Berghotel First eingekehrt. Tagsüber ist auf dem Gipfel viel los, Ausflügler schweben mit der Seilbahn hinauf, spazieren zum Skywalk und sausen an den Stahlseilen des „Gliders“ und mit Mountain Cars wieder nach Grindelwald hinab.

Ab halb sechs sind wir fast allein, nur ein Mountainbiker übernachtet ebenfalls auf dem First. Zusammen mit Pedro, der später typische Älpler Makkaroni mit Apfelmus serviert, sind wir am Abend die letzten und am nächsten Morgen die ersten Gäste und können Sonnenuntergang, Sternenhimmel und den Skywalk ganz in Ruhe genießen.

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Besonders urig ist die Übernachtung auf der Berghütte am Faulhorn ©Thomas Sbikowski

Nach einem zeitigen Frühstück begeben wir uns über die noch einsamen Bergpfade auf die zweite Etappe, während die Tagesausflügler im Tal noch auf die erste Gondel warten. Vom Berghotel First geht es weiter zum nächsten Gipfel, dem Faulhorn auf 2.681 Metern Höhe.

Einfache Zimmer in der Berghütte

Über einfache Wanderwege ist das Ziel in zwei Stunden erreicht, wir gönnen uns aber noch einen Umweg und biegen am Bachalpsee auf einen rot-weiß-rot gekennzeichneten Bergweg ab. Über steile Passagen und schmale Pfade, die Trittsicherheit erfordern, gelangen wir auf aussichtsreichen Umwegen zur Berghütte auf dem Faulhorn, die bereits seit den 1830er Jahren Gäste empfängt.

Die Zimmer sind einfach, statt fließendem Wasser steht ein Krug mit Quellwasser am Bett. Wenn die Tagesausflügler den Rückweg antreten, treffen wir im gemütlichen Restaurant auf Gleichgesinnte, spielen Karten und warten auf den Sonnenuntergang. Da es auch im Sommer nachts empfindlich kalt wird, verteilt Familie Garbani jeden Abend Wärmflaschen.

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Der Sonnenaufgang am Gipfel direkt oberhalb der Faulhorn Hütte lohnt das frühe Aufstehen ©Thomas Sbikowski

Aufstehen zum Sonnenaufgang

Die Belohnung für den Aufstieg und die überraschend kühle Nacht wartet am nächsten Morgen auf alle Frühaufsteher, die sich rechtzeitig am Gipfelkreuz oberhalb der Hütte einfinden. Um kurz vor sieben Uhr schiebt sich die Sonne langsam hinter den Berggipfeln hervor und taucht die verschneiten Gipfel von Eiger, Mönch und Jungfrau in orangefarbenes Licht, während die Täler noch in ein dichtes Meer aus weißem Nebel gehüllt sind.

Gut gelaunt begeben wir uns an diesem sonnigen Morgen nach dem Frühstück auf die letzte Etappe und machen uns auf den Weg zur Schynigen Platte. Die Pfade sind noch einsam und bereits nach dem ersten Abstieg ertönt ein Pfiff. Ein Murmeltier hat uns entdeckt.

Informationen

Vielfältige Informationen für die individuelle Urlaubsplanung in diesem Alpenland bietet die Website von Schweiz Tourismus. Die Websites von Grindelwald Tourismus und der Jungfraubahnen – Rail Info Interlaken bieten weitere Informationen.

Anreise

Urlauber fahren mit dem Auto über Zürich und die Schweizer Autobahnen A4 und A8 bis Interlaken. Hier schlängelt sich eine Bergstraße bis Grindelwald hinauf. Die Bahnanreise erfolgt ebenfalls über Zürich. Von hier geht es mit dem Zug in zwei Stunden bis Interlaken und weiter mit dem Bus in einer Dreiviertelstunde bis Grindelwald.

Täglich aktualisierte Informationen über die Befahrbarkeit der Schweizer Alpenpässe gibt es auf unserem Partnerportal, dem Pässeportal.

Unterkunft

Das Berghotel Grosse Scheidegg bietet einfache Zwei- und Mehrbettzimmer und eine grandiose Aussicht. Auf der großen Panoramaterrasse werden Schweizer Klassiker mit Blick ins Berner Oberland serviert.

Das auf 2.167 Meter Höhe gelegene Berggasthaus First bietet Doppel-, Familien- oder Mehrbettzimmer sowie Matratzenlager.

Seit 1830 bietet das Berghotel Faulhorn Wanderern in exponierter Lage eine aussichtsreiche Unterkunft mit Blick auf Eiger, Mönch und Jungfrau. In den mit Biedermeider-Betten aus der Gründerzeit des Hotels ausgestatteten Zimmern gibt es anstelle von fließend Wasser antike Waschschüsseln.

Übernachtungen „Unterm Sternenhimmel“ mit schönem Sonnenuntergangs-Blick, 4-Gang-Dinner und Frühstücksbuffet genießen Gäste im Berghotel Schynige Platte.

Auf die Wanderung vorbereiten

Auf eine Mehrtageswanderung in den Alpen sollten sich Urlauber vorbereiten und ihre Kondition – falls nötig – verbessern. Wer mehr als 1.000 Höhenmeter pro Tag und längere Etappen von über 10 Kilometer plant, beginnt am besten frühzeitig mit dem Training. „Rund drei Monate vor der geplanten Tour sollte man zwei- bis dreimal pro Woche ein mindestens zweistündiges Ausdauertraining absolvieren“, rät Marco Bomio aus Grindelwald, der bereits seit 1979 als Bergführer die Gipfel erklimmt.

„Am effizientesten ist es, bergauf zu wandern auf bis zu 600 Höhenmeter.“ Sind einfachere Touren mit weniger Höhenmetern pro Tag geplant, reicht moderateres Training aus, dabei kann auch die Wandertechnik verbessert werden. „Im steileren Gelände und bei ruppigen Wegen kurze Schritte machen und den Schwerpunkt des Körpers immer schön über den Füßen behalten“, betont der Guide. „Das gilt auch für den Abstieg.“ 

Hier gibt es weitere Tipps zur Vorbereitung, Ausrüstung und eine Packliste.

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