30 Jahre sind vergangen, seit die Mumie von Ötzi, dem Mann aus dem Eis, am 19. September 1991 auf dem Tisenjoch oberhalb des Schnalstal in der Ötztaler Alpen aus dem Schnee auftauchte. Ötzi hatte das Glück, von aufmerksamen Findern, der Familie Simon aus Nürnberg, entdeckt zuwerden. Über 5.000 Jahre war sein Körper unversehrt im Eis verborgen geblieben, ein bis heute konservierter Vertreter der Kupferzeit.

Weltsensation für die Archäologie

30 Jahre Ötzi 300 FundstelleDie Gedächtnispyramide markiert die Fundstelle am Gletscher ©Südtiroler Archäologiemuseum/Dario FrassonDer seltene Fund bedeutet noch heute eine Weltsensation für die Archäologie; aber nicht nur für die Altertumswissenschaften: Durch den Mann aus dem Eis spielte sich die Zusammenarbeit verschiedenster historischer und naturwissenschaftlicher Disziplinen zum gegenseitigen Erkenntnisgewinn überhaupt erst ein – die Bioarchäologie hat durch den Mann aus dem Eis ihren Durchbruch erfahren. Unendlich viele Details konnten dazu mit Hilfe cleverer Köpfe, naturwissenschaftlicher Untersuchungen und technischer Messmethoden ans Tageslicht befördert werden. Für über 800 Forschende bedeutete die Arbeit an der berühmten Mumie in den vergangenen 30 Jahren einen Karriereschub.

Auch in den vergangenen fünf Jahren konnten unzählige internationale wissenschaftliche Publikationen zum Mann aus dem Eis, zu seinen Beifunden und zu seinem Lebensumfeld veröffentlicht werden. Die bedeutendsten Ergebnisse betrafen seine Jagdausrüstung und weit reichende Handelsbeziehungen in der Kupferzeit. Darüber hinaus wurden weitere Details zu seiner lokalen und genetischen Herkunft bekannt, zu seiner Ernährung, zu seinem Gesundheitszustand, zum damaligen Klima sowie zu Pflanzen und Mikroorganismen.

Es gibt noch viele Fragen

30 Jahre Ötzi 300 ForscherNoch heute gibt Ötzii den Forscher Rätseln auf ©Südtiroler Archäologiemuseum/EURAC/ Samadelli/StaschitzDennoch ist noch nicht alles gesagt und entdeckt. Neue Forschungsmethoden werden auch in Zukunft Fragen aufwerfen und zu weiteren Erkenntnissen führen, vor allem im Bereich der Mikrobiologie und der Molekularbiologie, der bildgebenden Verfahren in der Röntgentechnik, aber auch weitere archäologische Grabungen und von naturwissenschaftlichen Untersuchungen gestützte Erkenntnisse werden das Wissen um unseren Vorfahren weiter verfeinern. So ganz wird das persönliche Geheimnis des Mannes aber wohl niemals gelüftet werden.

Die Begegnung mit dem geheimnisvollen Original übt deshalb auch 30 Jahre später noch eine ungebrochene Faszination aus, der sich kaum jemand entziehen kann. 5,5 Millionen Menschen brachte Ötzi zusammen mit seinen Beifunden seit der Eröffnung des Südtiroler Archäologiemuseums im Jahr 1998 zum Staunen. Eine vielfache Anzahl an Menschen wurde weltweit durch Medienberichte, Dokumentar- und Spielfilme aufmerksam und neugierig auf die Mumie.

Dass das Interesse des Publikums an der ältesten Feuchtmumie der Welt auch heute noch ungebrochen anhält, konnte vor 30 Jahren niemand erahnen. Deshalb plant die Trägerin des Museums, die Autonome Provinz Südtirol, derzeit ein neues, größeres Museum an einem gut erreichbaren Standort in der Landeshauptstadt Bozen. Das neue Gebäude soll für den Mann aus dem Eis, für die archäologische Forschung aus Südtirol sowie für Sonderausstellungen und den Besucherservice ausreichend Platz bieten.

30 Jahre Ötzi 300 Rekonstruktion

Die Rekonstruktion des Mannes aus dem Eis © Südtiroler Archäologiemuseum/Ochsenreiter

Warum ist Ötzi so berühmt?

Ötzi, der Mann aus dem Eis, ist ein Mann der Superlative. Ötzi ist die älteste Feuchtmumie der Welt, seine Kleider und die Ausrüstung, die er mit sich trug, sind weltweit einzigartig, aus der Kupferzeit sind sonst keine organischen Materialien erhalten. Seine Todesumstände sind außergewöhnlich und sein Erhaltungszustand ist durch eine schier unglaubliche Zufallskette einzigartig: ein Mord im Hochgebirge – günstige Klimafaktoren führen zu Mumifizierung und Schutz vor Zerstörung – die glückliche Entdeckung der Mumie zum Zeitpunkt des Ausaperns.

Da der Mann aus dem Eis allein gefunden wurde und nicht im Zusammenhang mit einer Bestattung, fehlen wichtige Anhaltspunkte, die dabei helfen, die Person einer Kulturgruppe zuordnen zu können: zzum Beispiel. Keramik. Auf der anderen Seite hat uns Ötzis plötzlicher Tod im Eis eine Person über die Jahrtausende fast unverändert bewahrt, direkt aus dem Alltag eines Kupfersteinzeitjägers. Das ist ein absolutes Novum; nie zuvor ist ein so gut erhaltener Mensch aus der Steinzeit bis zu uns gekommen.

Für die Vermittlung der Urgeschichte ist Ötzi ein Glücksfall. Zahllose Funde der Ur- und Frühgeschichte erhielten eine Aufwertung dadurch, dass man sich nun eine Person aus Fleisch und Blut mit einem kulturellen Hintergrund dazu vorstellen kann. Ötzi ist zusammen mit dem britischen Stonehenge und den ägyptischen Königspyramiden zu einer weltweit bekannten Zeitmarke geworden.

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