In den Alpen gehören heftige Gewitter am Berg in den Sommermonaten zu den größten Gefahren für Bergsteiger und Wanderer. Neben Kälte und Nässe, die zu Unterkühlung und Ausrutschgefahr führen können, birgt ein Gewitter am Berg auch die akute Gefahr von Blitzschlag. Durch sorgfältige Tourenplanung, frühes Aufbrechen und rechtzeitiges Beenden der Tour lassen sich Gewittergefahren vermeiden, rät der Österreichische Alpenverein.
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Mit einer sorgfältigen Tourenplanung und der genauen Beobachtung der Wolkenbildung am Tag der Tour lässt sich das Risiko, von einem Gewitter überrascht zu werden, weitgehend vermeiden. Michael Larcher, Leiter der Abteilung Bergsport beim Alpenverein, empfiehlt, sich vor jeder Bergtour rechtzeitig über die Gewitterneigung durch einen zuverlässigen Wetterbericht zu informieren. Bei Gefahr sollte man die Route entsprechend anpassen, um rechtzeitig umzukehren oder in einer Hütte Unterschlupf zu finden. „Wir verzichten an labilen Tagen auf lange Touren und solche mit Seilversicherungen an ausgesetzten Graten und mit exponierten Gipfeln“, sagt Michael Larcher.
Wetterentwicklung und Gewitter-Alarmzeichen beachten
Eine sorgfältige und den Verhältnissen angepasste Tourenplanung und eine genaue Beobachtung der Wolkenbildung am Tourentag sind unerlässlich. Aber auch hier gilt: „Bei einer Prognose handelt es sich immer nur um eine Wahrscheinlichkeit, Blitz und Donner auch früher aufziehen als ursprünglich angenommen. Deshalb lohnt es sich immer, die Entwicklung der letzten Tage und besonders die Wetterentwicklung auf Tour genau zu beobachten. Haben sich aufbauende Quellwolken von Tag zu Tag früher gebildet und gibt es am Tourentag schon in den Vormittagsstunden Haufenwolken, müssen wir bereits am frühen Nachmittag mit Gewitter am Berg rechnen“, weiß Larcher.
Akute und eindeutige Warnzeichen sind turmartige und ambossförmige Gewitterwolken, auffrischende Windböen und elektrische Ladungen (Surren) in der Luft. Als Faustregel kann man die ungefähre Entfernung in Kilometern berechnen, indem man die zwischen Blitz und Donner vergangenen Sekunden durch drei teilt. Beispiel: Beträgt die Zeit zwischen Blitz und Donner zehn Sekunden, ist das Zentrum nur noch etwa drei Kilometer entfernt. Allerhöchste Zeit, entsprechende Schutzmaßnahmen zu ergreifen!
Gewitter am Berg – was tun?
Richtige Touren- und Zeitplanung sowie rechtzeitiges Umkehren sind entscheidend, um nicht Gefahr zu geraten. Wer vom Wetterumschwung in den Alpen überrascht wird, kann mit einfachen, aber wirkungsvollen Verhaltensregeln die Situation verbessern:
- Wir verlassen so schnell wie möglich exponierte Grate und freistehende Erhebungen wie Gipfelkreuze und Felstürme.
- Wenn möglich, suchen wir größere Felshöhlen auf, um uns zu schützen, bleiben aber so weit wie möglich von der Felswand entfernt, mindestens 1,5 Meter.
- Wir warten das Ende des Unwetters ab, indem wir uns auf den Rucksack oder das Seil hocken, um eine mögliche Schrittspannung zu vermeiden.
- Auf Klettersteigen und im absturzgefährdeten Gelände bleiben wir mit dem Klettersteigset am Steilseil gesichert! Die Absturzgefahr ist größer als die Blitzgefahr.
- Mit Biwaksack und Funktionskleidung schützen wir uns bei Gewitter am Berg vor Nässe und Auskühlung.
„Blitz und Donner sind oft mit Starkregen verbunden. In kurzer Zeit können in Felswänden gefährliche Sturzbäche entstehen und Steinschlag auslösen“, warnt Michael Larcher. Und außerdem: „Bei Starkregen bestecht auch die Gefahr, dass wir schnell vollkommen durchnässt sind und stark auskühlen. Die größte Gefahr bei Starkregen besteht in der völligen Durchnässung und der daraus resultierenden Unterkühlung.“ Auf alpinen Kletterrouten und Klettersteigen kann man nicht schnell und beliebig ausweichen, was die Situation zusätzlich verschärft. Findet man ein trockenes Plätzchen, ist es meist besser, das Gewitter dort abzuwarten, als hektisch zum Ausstieg zu klettern und dann ungeschützt zu sein.
Unterschiedliche Unwettertypen
Zu unterscheiden sind zwei verschiedene Typen: Jenes, welches mit einer Kaltfront (und evtl. nachfolgendem Wettersturz) auftritt. „Solche Frontgewitter haben meist eine eindeutige Zugbahn und treten großflächig auf. Ihr Auftreten ist nie überraschend und ihre Ankunftszeit ist meist gut vorhersagbar“, erklärt Michael Larcher.
Wärmegewitter treten dagegen vor allem in den warmen Monaten und während Schönwetterperioden auf, wobei der Juli der betroffenste Monat ist, gefolgt von August und Juni. Je wärmer es ist, desto mehr Wasserdampf befindet sich in der Luft und umso leichter können solche Gebilde entstehen. Mit der Klimaerwärmung werden Wärmegewitter demnach wahrscheinlicher. Typischerweise nimmt die Gewitterneigung während einer Schönwetterperiode von Tag zu Tag weiter zu.
Die Beobachtung der Wolkenbildung gibt Aufschluss über die Gewitterneigung: Wachsen anfangs kleine Haufen- bzw. Schönwetterwolken rasch zu immer größer werdenden Quellwolken und schlussendlich zu Wolkentürmen (evtl. sogar mit Ambossbildung) an, sind dies deutliche Warnzeichen für ein Gewitter am Berg. „Im Gegensatz zu Frontgewittern treten Wärmegewitter meist am späten Nachmittag oder Abend sowie lokal begrenzt auf. Auch ist ein Wärmegewitter kein Indiz für eine nachhaltige Wetterverschlechterung“, so der Experte Larcher.