Bootfahren in den Alpen? Klingt ungewöhnlich – ist aber ein echtes Erlebnis, denn die Alpen sind nicht nur ein Paradies für Wanderer und Skifahrer – auch auf dem Wasser gibt es viel zu entdecken. Abseits der bekannten Hotspots liegen stille Bergseen, die oft nur Einheimische kennen. Im Interview erklärt Silas Siebdrat, Mitgründer der Bootsschule1, welche Seen echte Geheimtipps sind, wie man den Bootsführerschein meistert und warum der Bodensee für ihn der Inbegriff alpiner Lebensfreude ist.
Hallo Herr Siebdrat. Wie sind Sie zum Bootfahren gekommen?
Silas Siebdrat: Seit meinem fünften Lebensjahr bin ich mit meinem Vater in einer Jolle auf dem Biggesee östlich des Ruhrgebiets gesegelt. Später habe ich auch an Regatten teilgenommen. Früh ergab sich also eine Leidenschaft für das Wasser und Boote. Meine ersten Fahrten mit einem Motorboot habe ich auf dem Rhein unternommen.
Welcher See ist Ihr persönlicher Lieblingssee zum Bootfahren – und warum?
Silas Siebdrat: Den Biggesee habe ich in mein Herz geschlossen, weil ich dort mit dem Segeln begonnen habe – er ist quasi eine Heimat für mich. Außerdem liebe ich den Bodensee: ein riesiges Revier mit internationalem Flair – egal ob unter Segel oder mit dem Motorboot.

Viele kennen nur die großen, berühmten Seen wie den Bodensee oder den Genfersee – welche kleineren, verborgenen Seen in den Alpen können Sie empfehlen?
Silas Siebdrat: Da kommen mir spontan drei in den Sinn: der Vierwaldstättersee bei Luzern in der Schweiz, der Achensee in Tirol und der Starnberger See in Bayern. Der Vierwaldstättersee punktet mit einem atemberaubenden Bergpanorama. Und der Achensee hat unglaublich klares Wasser und wirkt wie ein Fjord.
Was reizt Sie, mit dem Boot auf einem kleinen Bergsee unterwegs zu sein?
Silas Siebdrat: Auf den kleinen Seen ist meist weniger los – man fühlt sich freier und es ist ruhiger. Außerdem liebe ich die Nähe zur Natur, die kleine Bergseen bieten. Die Alpen ringsherum als Kulisse machen es perfekt. Und die Windverhältnisse sind in den Bergen komplexer, da kommt beim Segeln nie Langeweile auf.
Braucht man auf den alpinen Seen einen Bootsführerschein? Und wenn ja, ab welcher Bootsgröße oder Motorleistung?
Silas Siebdrat: In Deutschland gilt eine Führerscheinpflicht ab 15 PS. Auf vielen Bergseen gibt es Beschränkungen für Motorboote; oft sind nur Elektroboote zugelassen. Die Regeln sind je nach See unterschiedlich. Man sollte sich darüber vorab informieren.
Welche Rolle spielt Nachhaltigkeit beim Bootfahren in den Alpen?
Silas Siebdrat: Die besagten Beschränkungen für Motorboote auf vielen Bergseen haben ihren berechtigten Grund: Es sollten möglichst nur emissions- und lärmarme Boote auf den Seen unterwegs sein, um Rücksicht auf die Naturschutz- und Brutgebiete zu nehmen. Elektroboote sind je nach Anwendungsfall eine gute Alternative.

Wie läuft die Ausbildung für den Bootsführerschein ab? Ist sie eher theoretisch oder praktisch geprägt?
Silas Siebdrat: Gestartet wird mit der Online-Lernplattform, auf der du Lernvideos schauen, mit Fragen trainieren oder Übungen machen kannst. Außerdem erhältst du per Post ein Willkommenspaket. Darin befinden sich Seile zum Üben der Knoten und ein Navigationsset. Im weiteren Verlauf der Ausbildung nimmst du Praxisfahrstunden – meist zwei Einheiten – auf einem Boot an einem Standort deiner Wahl. Am Ende legst du die Prüfung ab: Die gliedert sich in Theorie und Praxis. Bei der theoretischen Prüfung musst du die Fragen auf einem Fragebogen richtig beantworten und beweisen, dass du die Navigation beherrschst. Bei der praktischen Prüfung musst du zeigen, dass du die relevanten Manöver am Steuer des Boots richtig durchführen kannst.
Wann und wo du die Praxis und die Prüfung machst, kannst du selbst entscheiden. Insgesamt ist die Ausbildung aber vor allem theoretisch geprägt, denn das eigentliche Steuern des Boots hat man im Nu raus.
Mit welchen Kosten und welchem Zeitaufwand muss man rechnen, wenn man einen Bootsführerschein machen möchte?
Silas Siebdrat: Man sollte ungefähr mit 450 bis 500 Euro rechnen. Hinzu kommen noch amtliche Prüfungsgebühren. Im Allgemeinen schafft man die Ausbildung in zwei bis vier Wochen. Wenn man intensiv lernt, sogar schneller.

Viele schrecken vielleicht zurück, weil sie denken, es sei kompliziert. Wie schwierig ist es tatsächlich, den Führerschein fürs Bootfahren zu bekommen?
Silas Siebdrat: Das ist nicht schwer. Wenn man regelmäßig lernt, ist das gut machbar. Die Praxis ist, wie bereits gesagt, schnell erlernbar. Dafür sind nur ein, zwei Fahreinheiten notwendig. Die Theorie erfordert ein wenig Fleiß, aber das ist keine große Hürde. Es ist auf jeden Fall einfacher als der KFZ-Führerschein, weil es beim Bootsführerschein viel weniger Fragen sind, die man können muss. Beim Auto fällt fast die Hälfte beim ersten Versuch durch die Theorieprüfung – beim Bootsführerschein sind es bundesweit nicht einmal zehn Prozent.
Und wenn Sie einen einzigen See für eine unvergessliche Bootserfahrung empfehlen dürften – welcher wäre das?
Das wäre der Bodensee. Er ist groß und hat viel zu bieten. Es gibt viele Möglichkeiten, dort ein wunderbares Wochenende zu verbringen – ob auf, im oder am Wasser.
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