Ötzi, die in Südtirol gefundene und wohl berühmteste Alpen-Gletschermumie, sah wohl ganz anders aus als bisher angenommen. So hatte er wohl dunkle Haut und höchstwahrscheinlich eine Glatze. Dank verbesserter Analysemethoden fand ein Forschungsteam des Max-Planck-Instituts für evolutionäre Anthropologie in Leipzig und das Institut für Mumienforschung von Eurac Research in Bozen außerdem heraus, dass Ötzis Vorfahren wohl aus Anatolien stammen. Damit korrigiert die Studie bisherige Erkenntnisse zu Ötzis genetischer Abstammung von eingewanderten Steppenvölkern aus dem Osten.
Spannende Ergebnisse erbrachte die Studie vor allem zu Ötzis Aussehen. Sein Hauttyp, schon in der ersten Genom-Analyse als mediterran-europäisch bestimmt, könnte dunkler gewesen sein als bisher angenommen. In Bezug auf die Haare des Mannes aus dem Eis wurden erstmals genetische Voraussetzungen zu männlicher Glatzenbildung nachgewiesen. Ob sich diese Anlage zu Ötzis Lebzeiten gezeigt hat und wie stark sie ausgeprägt war, lässt sich durch die Studie jedoch nicht bestimmen. Immerhin fanden sich in der Nähe der Mumie neun Zentimeter lange, dunkle Haupthaarlocken. Diese kam 1991 am Tisenjoch in den Ötztaler Alpen zum Vorschein.
Eine Überarbeitung der Rekonstruktion der Alpen-Gletschermumie ist nicht vorgesehen
Elisabeth Vallazza, Direktorin des Südtiroler Archäologiemuseums, ist deshalb vorsichtig mit der Interpretation der Ergebnisse: „In der aktuellen Studie werden bestimmte genetische Erbanlagen festgestellt und Wahrscheinlichkeiten für das äußere Erscheinungsbild von Ötzi diskutiert. Ich freue mich sehr, wenn neue Untersuchungen uns dabei helfen, in Zukunft ein noch konkreteres Bild der Person zu erhalten, die vor über 5.000 Jahren gelebt hat.“
Mit Blick auf die Rekonstruktion der Alpen-Gletschermumie im Museum präzisiert sie: „Die bekannte Figur im Museum ist ein Interpretationsversuch, ein Vorschlag, wie wir uns den Mann aus dem Eis zu Lebzeiten vorstellen. Die Figur wurde 2011 von den Paläokünstlern Adrie und Alfons Kennis geschaffen, auf Basis des damaligen Forschungsstandes. Es ging dabei vor allem darum zu zeigen, dass Ötzi ein moderner Mensch war: mittleren Alters, tätowiert, drahtig, wettergegerbt, ein Mensch wie du und ich. Eine Überarbeitung der Rekonstruktion ist derzeit nicht vorgesehen.“