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Sich zusammenzutun, in guten wie in schlechten Zeiten ist und bleibt ein menschliches Ziel. Bei vermählten Skigebieten geht es oft darum, durch mehr Pistenkilometer für den Gast attraktiver zu werden. Ob der durchschnittliche Skifahrer die XXL-Gebiete dann wirklich nutzt, sei dahingestellt. So mancher Zusammenschluss von zwei Zwergen macht zwar noch keinen Goliath, bringt aber Aufmerksamkeit und Mehrwert. Manchmal verbessern Zusammenschlüsse auch die Erreichbarkeit und manchmal überwinden sie sogar Ländergrenzen: 11 Beispiele aus dem Alpenraum.
1 Hündle-Thalkirchdorf: Über Sennalpen carven
Um 1820 trat dem Fuhrmann Johann Schroth ein Pferd vors Knie, er half sich mit feuchtkalten Umschlägen und Nahrungsverzicht, wurde im heutigen Dolni Lipová zu einer Art „Wunderdoktor“ und erfand die Schrothkur. Einer seiner Kurärzte war Dr. Hermann Brosig, der nach dem Zweiten Weltkrieg nach Oberstaufen kam und den Ruhm des Schrothkurortes begründete. Kur ist das eine, Winterkompetenz das andere. Das Hündle war schon immer der Liebling aller „Staufner“. Gegenüber dem kleinen, urigen Nachbarn Thalkirchdorf regiert das satte Grün der Almen, die im Winter auch zu feinen Hängen werden.
Fazit: Mit dem Skigebiet Hündle-Thalkirchdorf in Oberstaufen ist ein kleines, familiäres und abwechslungsreiches Gebiet entstanden, das sowohl seine sanften Seiten hat, als auch die zackige Talabfahrt am Hündle. Vermähltes Skigebiet: 18 km.
2 Mellau-Damüls: In Schneebergen versinken
Damüls kann vor allem eines: Schnee! Neben Lech und Warth ist es eine der höchstgelegenen Siedlungen der Nordalpen zwischen 1300 und 1700 Metern und ein Schneeloch. Damüls ist eine typische Walsergemeinde mit verstreuten Ortsteilen, und das ist sinnbildlich für das Skigebiet: Auch hier regiert die Weite, man kommt ganz schön rum im Gebiet, und seit man mit Mellau zusammengerückt ist, gibt es auch knackige Hänge im Bereich der Suttisbahn, dazu die lange Talabfahrt nach Mellau, die Skiroute unterm Hohen Licht. Das Gebiet hat es in sich und ist wirklich ein schneesicheres Skigebiet!
Fazit: Damüls ist nur mit einer ganz schönen Kurverei erreichbar, über Mellau wird der Ort zugänglicher und ein reizvolles Skigebiet für den Hochwinter (sonnige Südhänge) und Frühling (pulvrige Nordhänge). Vermähltes Skigebiet: 109 km (mit Faschina).
3 Lech-Warth: Mit dem Kuppler reisen
Der Auenfeldjet ist in der Tat ein Kuppler, und das schon seit dem Winter 2013/2014. Warth, das Schneeloch mit den herrlichen Nordhängen, hat sich mit Lech zusammengetan, das längst nicht mehr nur mondäne Pelzmantel-Meile mit Schlumberger-Schlürfer in Oberlech sein will. Lech ist ein hochsportliches Gebiet mit großartigen Routen. Eine Win-Win-Situation, von der beide Seiten profitieren, ein Gebiet, das Abwechslung bietet und vor allem ein riesiges Freeride-Gelände erschließt. Und den Warth-Fans, die den kleinen Ort lieben und nur hier leben wollen, liegt jetzt ein Mega-Gebiet zu Füßen.
Fazit: Im Prinzip handelt es sich bei diesem Kombi-Skigebiet um eine Skibusverbindung am Seil, wenig Naturverbrauch, keine neuen Pistenschneisen. Der Eingriff in die Natur beschränkt sich auf die Bahn selbst und die unschöne Stromleitung durch das Auenfeld ist im Kabelgraben der Bahn verschwunden. Vermähltes Skigebiet: 190 km (300 km am ganzen Arlberg).
4 Wildschönau-Alpbachtal: In zwei Tälern schwelgen
Der Begriff Skijuwel passt – es gibt genug Zusammenschlüsse, die eher kosmetischer Natur sind und nur dazu dienen, mehr Pistenkilometer publizieren zu können. Hier aber verbinden sich zwei authentische Täler, die nach wie vor auf regionale Kulinarik und sanften Tourismus setzen. Von Inneralpbach geht es hinauf auf den Schatzberg der Wildschönau: 13,5 Millionen wurden investiert, unter anderem in den Bau einer neuen, zwei Kilometer langen Piste und einer Beschneiungsanlage. Die neue Abfahrt geht aber nur bis zur Mittelstation, das ist ein Tribut, den man gerne dem Landschaftsschutz zollt.
Fazit: Wer morgens in Auffach startet und bis zur Talstation der Widdersbergerhornbahn fährt, kommt herum. Zurück muss man auch, und es locken viele Hütten: Böglalm, Gipfö Hit, Dauerstoa Alm und viele mehr. Vermähltes Skigebiet: 145 km.
5 Saalbach bis Fieberbrunn: In Hütten verhocken
Saalbach oder Hinterglemm sind im Winter keine Bergromantikdörfer, können sie auch nicht sein, denn hier gibt es allein an den Pisten über 60 Hütten und im Tal unzählige Après-Ski-Lokale. Seit auch Leogang und Fieberbrunn angeschlossen sind, hat man in einem der weitläufigsten Skigebiete Österreichs richtig was zu tun. Die Wege auf Skiern sind weit. „The Challenge“, die Skicircus-Runde an einem Tag, führt über 65 Pistenkilometer und 12.400 Höhenmeter, das muss man erst einmal in den Waden haben. Partymeile neben paradiesischer Ruhe. Tiefschnee neben Pisten. Pizza neben Pinzgauer Kaspressknödel – eine Region für alle.
Fazit: Geht nicht, gibt’s nicht – eher für durchschnittliche Skifahrerinnen und Skifahrer, der Schwerpunkt liegt auf roten Pisten und natürlich auf der Hüttengaudi. Vermähltes Skigebiet: 270 km.
6 Sedrun-Andermatt: Zwischen den Kantonen carven
„Schneehüenerstock-Express“, was für ein Wort! Übrigens kein Schreibfehler, diese Hühner kommen ohne „h“ aus, der Schneehüenerstock ist ein Berg in den Glarner Alpen, 2.773 Meter hoch. Die neue Zehner-Gondelbahn startet am Oberalppass und landet just unter dem Berg. Das wäre an sich keine große Nachricht, aber der Express startet in Graubünden und verbindet es mit dem Kanton Uri. Dort, wo die Schweiz besonders „urchig“ ist, wo das Tal immer enger wird, liegt Andermatt am Gotthard, ein Ort voller Geschichte, Geschichten und herausfordernder Berge. Auch wenn Andermatt durch die Investitionen an Bergcharme verloren hat: Das Gebiet ist ein hochalpiner Kracher!
Fazit: Ein interessanter Verbund, landschaftlich und kulturell, eher für Anspruchsvolle, oft hochalpin; blaue Pisten in Nätschen/Gütsch (Andermatt) und auf Caisschavedra (Disentis). Vermähltes Skigebiet: 125 km.
7 Lenzerheide-Arosa: Die Hörner bezwingen
Zwischen 1.230 und 2.865 Metern liegt die Lenzerheide inmitten einer anmutigen Landschaft. Die Berge auf der Westseite sind eher sanft, auf der Ostseite zeigt das Parpaner Rothorn seine Zähne. Mit seinen 2865 Metern kratzt das Rothorn an den Dreitausendern, hinunter führt die zackige „Silvano Beltrametti“. Schon die Pendelbahn hinüber ins anmutige Arosa ist ein Erlebnis, hier oben wogt eine Welt aus Felsen und Gipfeln, auch Arosas Weisshorn ist ein sagenumwobener Berg. Weiter unten locken Chalets, Dorfzauber und Winterwanderwege.
Fazit: Gerade weil in Arosa höchstens die Hälfte der Gäste Ski fährt, ist es ein Paradies. Es bietet Leere und Weite und zusammen mit der Lenzerheide das Schweiz-Erlebnis der Superlative: super sonnig, super abwechslungsreich, super urig. Vermähltes Skigebiet: 225 km.
8 Meransen-Vals: Mit dem Cavaliere flirten
Der Pistencavaliere ist der Charmeur, der Fragen zum Gebiet beantwortet, Tempotaschentücher verteilt oder sonst wie behilflich ist. Denn das Jochtal und der „Sonnenglatzkopf“, der Gitschberg, haben sich 2011 zusammengeschlossen, und das war ein Quantensprung, denn das Gesamtgebiet wirkt größer und weiter, als die 51 Kilometer klingen. Und die Fane Alm ganz hinten im Jochtal könnte Pate gestanden haben für die romantisch-perfekte Almen-Siedlung – und zurück führt auch eine launige Rodelbahn.
Fazit: Stressfreies Skifahren und gutes Essen, dazu 15 Vier-Sterne-Hotels, die bei familiärer Führung mit neuen SPAs und hochwertigen, klaren Baumaterialien punkten. Bonus: der Ausflug ins schmucke Brixen. Vermähltes Skigebiet: 51 km.
9 Haideralm-Schöneben: Über dem Turm cruisen
Ein Wahrzeichen, das für viele Familien Mahnmal einer Tragödie ist: Im Sommer 1950 wurden bis auf den denkmalgeschützten Kirchturm von Graun alle Gebäude in Graun und den umliegenden Weilern gesprengt und geflutet – für den See. Zehner, Elfer und Zwölfer schauten stoisch zu, und seit jeher kurven die Skifans auf dem gar nicht so flachen Schöneben. Schöneben ist durchaus ein Tummelplatz für die Großen, ein Gebiet mit Potenzial und Weitblick und zusammen mit der Haideralm durchaus ein bemerkenswerter neuer Name im Reigen der mittelgroßen Skigebiete.
Fazit: Der Haideralm hat diese Pistenehe gut getan, vor allem qualitativ ist man aus dem Dornröschenschlaf erwacht, familiär, gemütlich und seniorentauglich bleibt’s trotzdem. Vermähltes Skigebiet: 65 km.
10 La Plagne-Les Arc: Die Socken qualmen lassen
Eines ist klar: Plagne-Montalbert bis Vilaroger, oder kurz Paradiski, schafft man nicht an einem Tag – und zurück schon gar nicht! Hier „erfährt“ man das Hochgebirge, unterhalb des Bellecote (3.417 Meter) beginnt auch gleich eine tiefschwarze Piste, an deren Ende das Chalet du Friolin gerade recht kommt, denn jenseits des Klischees vom Beton-Frankreich haben La Plagne und Les Arc jede Menge edle Hütten an der Piste. Les Arc ist eher etwas für Fortgeschrittene, die Lifte verlaufen parallel am Hang, was viele Pistenkilometer bringt, und ja: Arc 2000 ist nicht schön, aber an der Aiguille Rouge auf 3.226 Metern ist der Skihimmel wieder ganz nah.
Fazit: Paradiski hat Suchtpotenzial inmitten einer grandiosen Landschaft, nicht jeder Skifahrer kann die 400 Kilometer „erfahren“, aber die Reise vom Eis hinunter in die sulzigen Dorflagen ist etwas, das zum Skifahrerleben dazu gehören muss. Vermähltes Skigebiet: 425 km.
11 Bovec-Kanin-Sella Nevea: Mit Meerblick gleiten
Gut, das Wetter muss klar sein, aber dann hat man vom Kanin-Massiv aus einen Blick auf den Golf von Triest. 80 Kilometer Luftlinie sind es bis zur Adria, die Julischen Alpen flirten mit dem Süden. Bovec ist das slowenische Tor zum Skigebiet, hier sind die Winter noch relaxt, das Skifahren entspannt, und statt Germknödel aus der Massenproduktion und lauem Jagatee dominieren hier herrliche Weine, zum Teil aus dem Friaul. Der Zusammenschluss des italienischen Skigebiets Sella Nevea mit dem slowenischen Bovec-Kanin hat nicht nur die Pisten verdoppelt, sondern auch das Genusserlebnis.
Fazit: Das slowenisch-italienische Skigebiet präsentiert sich mediterran-heiter, viele Sonnentage, gutes Essen, Skifahren auf selten überfüllten Pisten. Die weite Anfahrt lohnt sich.Das hier ist eine spannende Reise, nicht einfach ein Skiurlaub. Vermähltes Skigebiet: 30 km.