Die großen Nachbarn haben klingende Namen. Sie sind oft Après-Ski-Hochburgen und geben sich gerne mondän oder hochsportlich. Die Preise dort sind ebenfalls „sportlich“. Die kleineren Nachbarn halten es lieber mit charmantem Understatement und sind doch voll auf der Höhe.
Das Alpenportal verrät 8 preisgünstige Ski-Alternativen in 5 Alpenländern.
1. Brandnertal vs. Montafon oder Arlberg
Authentisch und nachhaltig in Österreich
Schnell streben viele Skifans auf der Autobahn ins umtriebige Montafon oder dem Arlberg zu – und lassen den Bürserberg einfach rechts liegen – zu Unrecht!
200 Kilometer hat Hannes Durnwalder rund um Brand gelegt. Aus dem Umkreis stammen die Produkte im Laden Spezerei. „Regional heißt nicht national“, sagt der gebürtige Südtiroler, der in Wien Weinbau studiert hat und lange in Kaltern in der Kellerei gearbeitet hat. Die Walser sind ein roter Faden durch den Laden, das Alpine, Wertige und Handwerkliche der zweite. Im Genussparadies gibt es auch Kleinigkeiten zum Schnabulieren.
Lothar Schedler vom Hotel Sarotla ist ein Partner des Projekt Brandner Almochs: Tiroler Grauvieh darf ein Jahr lang langsam auf der Alm heranwachsen. Im zweiten Jahr grasen die Tiere im Tal kurzrasigen Boden, was sich auf die fein marmorierte Fleischqualität auswirkt. Nach dem Schlachten bei einem Biometzger muss das Fleisch lagern, verwertet wird alles – nachhaltig und einzigartig.
Auch das Hotel Lün ist ein Unikum: Die Oma betrieb eine Frühstückspension, bis sie knapp 90 war. Die Enkel, Mario und Daniel, haben übernommen und schufen Österreichs erstes klimaneutrales Hotel mit regionalen, teils Bio-Produkten, Pelletsheizung aus Ländle Holz und einer E-Tankstelle.
Seit 2019 sponsern die Brüder pro Buchung einen Baum, gepflanzt vom Unternehmen „onetreeplanted“, einer Non-Profit Organisation aus den USA. Die Brüder tragen Klamotten vom fairen Hersteller Nikin aus der Schweiz.
Über all den wunderbaren Begegnungen vergisst man fast das Skigebiet, das so lässig ist: Drei Bahnen führen aus den Ortsteilen nach oben. Es gibt acht Hütten, das Fröd steht auf der Besten-Hütten-Liste der Alpen ganz weit oben!
Die Rodelsafari, eine Kombination aus Abfahrten und Winterwandern – von der Bergstation der Panoramabahn hinunter nach Bürserberg, ist nicht zu vergessen. Wo es natürlich einen Bus zurück gibt, genau wie die Zuganreise nach Bludenz problemlos ist.
2. Moena vs. Sella Ronda
O sole mio in Italien, die preisgünstige Ski-Alternativen
In den zentralen Dolomiten dreht sich alles um die Sella Ronda. Etwas abseits geht’s vor allem um Genuss.
1200 Meter hoch liegt Moena, wo sich Fleimstal und Fassatal annähernd treffen. Hier lebt Bella Italia. Aus der Bar klingt eher Eros Ramazotti denn alpenländische Après-Party-Musik. Die Auslagen der Geschäfte sind ein Augenschmaus: Bunte Nudeln, getrocknete Pilze, Trüffel, feine Öle und Wein. Eder auf dem Piaz de Sotegrava ist so ein Laden, ein kulinarisches Paradies, wo man sich nicht sattsehen kann – und im Verkosten schwelgen. Auch in der La Bottega del Rame von Vincenzo Tironi am Piaz de Ramon wird diese Liebe zur Küche und zu altem Handwerk überdeutlich. Der Mann produziert handwerklich Kupfertöpfe nach der Tradition der Altvorderen. Auch er exportiert inzwischen in die ganze Welt.
Und da ist dann noch Fabio Vettori. Wie er Ameisen zeichnet, sind sie knuffig und sehr sympathisch. Er zeichnet „Le Formiche”, die Ameisen in allen denkbaren Situationen des Lebens, im Laden in der Strada R. Löwy wimmelt es nur so von den Krabblern – Vettori ist in ganz Italien längst sehr bekannt.
Natürlich, es geht auch um Skifahren und hier brilliert die Alpe Lusia mit weiten Hängen. Im Talbereich Bellamonte versuchen sich die Skizwergerl am weißen Sport, da sitzt die Oma und strickt, die Mama zieht einen Rodel, der Papa hat den Filius zwischen den Beinen – einfach italienisches Winterfamilienleben! Im restlichen Gebiet ist nichts als Platz und bei skifahrerischen Weiten darf der Pellegrino Pass auf 1920 Metern mitreden. Wer die schier endlose Piste vom hochalpinen Col Margherita hinunter ins das Dörfchen Falcade angeht, reist vom Pulverschnee in sulzige Dorflagen. Wer als Jünger der langen Latten unterwegs ist, ist im Langlaufzentrum Alochet direkt am Pellegrino Pass wirklich obenauf.
Winterwanderer sind allemal zur Fuciade Hütte unterwegs: Diese romantische Almsiedlung kann man nur per pedes oder mit dem Skidoo Taxidienst erreichen. Küchenchef Martino vereint in seinem Schaffen all das, was die Alpine Pearls wollen: lokale Zutaten aus der unmittelbaren Umgebung, lokale Aromen neu interpretiert, eine Verbeugung vor den Ressourcen!
3. Oetz vs. Sölden oder Obergurgl
Eisige Zeiten in Österreich
Sölden und Obergurgl stehen für ewigen Schnee – und für Party satt. Das Untere Ötztal aber bezaubert mit Wasserfall, Loipenlust und Familienskispaß.
110 Grad minus kann es in der Kältekammer im Kurzentrum Umhausen haben! Länger als 3 Minuten bleibt man aber nicht drin. Immerhin: Ronaldo hat eine Kältekammer, viele Topmodel nutzen diese Kammern gegen Cellulite.
Na dann! Man setzt sie auch erfolgreich bei Rheuma ein, die Kältereize dringen in die Nervenbahnen. Wer es mit echter Kälte hält, der wandert abends zum romantisch beleuchteten Stuibenfall, seine Falltiefe liegt bei 159 Metern.
Winters ist er zu einer Eisskulptur erstarrt. Zu seinen Füßen wartet das Waldcafe Stubödele mit Brotzeitplatten in einer unanständigen Üppigkeit auf, gefolgt von Kaiserschmarrn aus der gußeisernen Pfanne, der auch nicht gerade leicht zu nennen ist!
Es darf am nächsten Tag „Ausgleichssport“ sein und mit Hochoetz hat das Untere Ötztal sein familiensinniges Skigebiet. Wie im Halbrund einer weiten Suppenschüssel verlaufen die Pisten auf die Bergstation zu; und mit diesem Winter hat das Ötztal ein ganz eigenes Upcycling vollbracht: Die alte Giggijochbahn von Sölden fungiert seit der Saison als neue Ochsengartenbahn. Und ein bisschen schade ist es schon um die alte Konservenbüchsenbahn.
Aber die Region bleibt doch zurückhaltend – besonders die Fans von Niederthai wollen gar nicht so viel Wesens um „ihr“ Hochtal machen. Ein Weiler mit 400 Einwohnern und ein schneesicheres Langlaufzentrum auf 1550 Meter. Wo man beim Biathlonkurs Abbitte leistet, wenn man sonst als Couch-Potato-Trainer die Biathleten rügt. Beim Selbstversuch sind 50 Meter unendlich weit weg und diese Scheibe ist irrwitzig klein!
4. Flaine vs. Portes du Soleil oder Trois Vallees
Bauhaus im Schnee in Frankreich
Die Portes du Soleil und erst recht die Trois Vallees stehen für endloses Skicruisen. Flaine hat ebenfalls Schnee satt – und bleibt ein Understatement Ort gar nicht weit weg vom Genfersee.
14 Jahre lang war der Geophysiker Eric Boissonnas in den Staaten und dort erlebte er unverkrampfte moderne Kunst. Das war 1959 und wollte Architektur, Kunst und Natur verbinden. Flaine, ein Kulturprojekt, dort wo bislang Bergschafe Gras gezupft hatten. Marcel Breuer baute, einer der ganz Großen der Bauhaus Ära! Er baute kühn, versteckte seine rhythmischen Fassaden in den Klippen. Vasarely, Dubuffet und Picasso trugen Werke bei und für das heutige Auge ist Flaine nicht überall hübsch, aber großzügig, ein klein wenig trotzig – und stolz.
Darf es auch: Flaine legt dem Könner Traumpisten zu Füßen, „Agate“ heißt eine schwarze Piste, „Fred“ eine rote. Und am unscheinbaren Lift Gers gibt es eine puderzuckerweiche Skiroute – die Backbowls in Kanada können es auch nicht besser! Flaine liebt aber auch Anfänger: Aus der Hotelebene scheppert „Telebenne“ hinauf, „Yogurt Pot“ heißt das Ding in Insiderkreisen: Es besteht aus einer Art Konservenbüchsen, leicht zum Einsteigen und das Beste daran? Flaine hat solche Lifte für Anfänger, die gratis sind!
Flaine offeriert auch oben auf 2500 Metern einen grandiosen Anfängerlift mit grüner Piste. Damit die Einsteiger eben auch mal den Blick auf Aiguille du Midi und Mont Blanc genießen können. Der Berg aller Berge hüllt das Haupt in Wolken, er errötet sich ganz zart in den Abend hinein. Zum La Cascade kann man zu Fuß über die Piste laufen, eine große Stille senkt sich über den Berg. Pistenraupen irrlichtern über den Hang, weiter unten liegt Flaine im Lichtermeer. Der Ofen bullert, das Käsefondue blubbert heiß vor sich hin – „Flaine est tres aimable“, sagt die Wirtin.
5. Lungau vs. Obertauern
Saugemütliche Ski-Nockerl in Österreich
Obertauern am Pass will hoch hinaus, hier drehten die Beatles, hier steppt der Skibär. Im charmant verschlafenen Lungau gibt es aber sehr ausgeschlafene Skigebiete.
1730 ist das Gründungsdatum des Sauschneiderhofs von Elisabeth und Peter Löcker. Sie bauen den Lungauer Tauernroggen wieder an, einen extrem harten Winterroggen, der phasenweise komplett aus er Mode war. Heute entstehen Nudeln und Brot, 30 bis 50 Kilogramm backt Elisabeth Löcker in der Woche. Der Absatz ist reißend. Aber Sauschneiderhof? Entwarnung: „Sauschneider“ war früher ein echter Lehrberuf; und so ein Sauschneider zog dann von Hof zu Hof, um Tiere zu kastrieren. Die Sauschneiderei ist eine sau-interessante Kulturgeschichte, denn diese weit gereisten Männer verdienten gutes Geld und bauten dann zuhause die typischen „Sauschneiderhäuser“.
Diese ganze Lungau ist ein Schatzkästlein an Geschichte(n) und Genuss: Gunther Naynar macht großartigen Käse und Trausners Genusswerkstatt zaubert großartige Jellys – nichts wird aromatisiert. Vor 15 Jahren hatte die Manufaktur begonnen Marmeladen von Hand zu rühren, Marmeladen, die so fruchtig sind wie die Frucht selber!
Göttlich – und ein guter Frühstückstart für den Skitag: Am Fanningberg, dem kleinen feinen Gebiet für die einheimischen Mamas und jene Gäste, die es auch wieder sau-entspannt mögen. Am Aineck, dem „Wow-Berg“ – was für eine Aussicht von diesem breiten baumlosen Gupf! Ein Berg wie ein Salzburger Nockerl. Gar nicht so sanft überdies – bei 1100 Höhendifferenz kommen herrliche Talabfahrten zustande, die nur einen „Nachteil“ haben: Es gibt viel zu viele sau-gemütliche Hütten am Aineck. Und dann ist das noch das Speiereck, das alles für Familien tut. Und abends meint Après-Ski Küchenkunst wie im Mesnerhaus oder ganz ritterlich in der Burgschenke der Burg Mauterndorf!
6. Brigels vs. Flims oder Laax
Rätoromanisches Idyll
Das altehrwürdige Flims und das sportliche Laax sind Fixsterne in Graubünden. Auch ziemlich hochpreisig. Unweit davon liegt das charmante Brigels.
2 in einem: Heißt das jetzt Breil oder Brigels? Beides: Breil ist romanisch, Brigels deutsch. Brigels ist ein bezaubernder Ort auf der Sonnenterrasse über dem Rheintal. Die Surselva liegt eben „über dem Wald“! Brigels entschleunigt sofort, das Skigebiet ist eines der unaufgeregtesten der Alpen. Die Pisten sind weit und nie stark frequentiert, zwei Einstiege ins Gebiet entzerren zusätzlich. Die Hütten erfreuen Genießer und sind eben auch per Winterwanderweg zu erreichen.
Die Alp Dado Panorama Runde führt zum Dreh- und Angelpunkt im Gebiet, sowie zum Bergrestaurant Burleun auf 1725 Metern, wo die „Carta da spisas“ auch die Qual der Wahl beinhaltet. Aber ein typisches Capuns sollte schon sein, eine Bündner Spezialität aus Spätzleteig, mit einer Füllung aus Kräutern und Salsiz, in Mangoldblätter gewickelt. Er wandert, darf schlemmen – auch die Burleun Bratwurst an Zwiebelsauce. Auf der Terrasse gibt’s einen Kaffee-Lutz und sagenhafte Ausblicke hinüber ins Gipfelmeer jenseits des Tales.
Wer mit Roland abends zur Tegia Hütte wandert, fern ab von jeder Lichtverschmutzung, verliebt sich auf jeden Fall. In der urigen Hütte blubbert das Käsefondue, es ertönt Ländlermusik, die Kochplatte wird mit Feuerholz betrieben und die Bilder an der Wand erzählen von früheren Zeiten. Und dann hat Brigels auch noch schöne Geschäfte mit wertigen Produkten wie das Café Dultschin & Gabriel oder die Sennerei – Brigels ist eine echte Entdeckung!
7. Grüsch-Danusa vs. Davos
Überm Tal ein weiter Horizont in der Schweiz
Grüsch im Prättigau tut man sehr Unrecht, wenn man sagt, es läge „nur“ auf dem Weg nach Davos. Grüsch kann viel mehr!
1970 ist das Jahr, seitdem Grüsch auf der Skilandkarte mitspielt und wer von Landquart kommt, fährt durch die „Klus“, eine Talenge, darüber die Burgruine Solavers. Ob die Burggebäude wirklich von den erzürnten und unterdrückten Bauern geschleift worden sind und ob der letzte Graf durch den Sprung in den Tobel zu Tode kam, ist Legende. „Doch oft noch sieht man in finsterer Nacht, von Blitzen umzingelt, vom Donner umkracht, hoch oben stehen den Grafen. Er schwingt in der Rechten sein schneidiges Schwert, er spornt den Fels hinunter sein Pferd, dann legt er sich wiederum schlafen.“
Schaurig und ja – hier unten im Talschatten fröstelt man irgendwie symbolisch. Hier soll ein Skigebiet sein? Ist es – und was für eins! Oben am Gipfelplateau ist Sonne satt und von dort entführen Schneeschuhtrails in eine Welt der Langsamkeit, einer Welt glitzernder Schneefelder. Sie legen Spuren wie eine Perlenschnur über Hügel und Senken, hinein in eine unwirklich schöne Winterwelt! Grüsch hat so eine Fülle von großartigen Aussichten, solche Weitblicke hinein in spektakuläre Felsenberge, in Kluften, in Schluchten, dass man grad das Gehen vergessen möchte!
Das Berggasthaus Schwänzelegg hat ein sagenhaftes 360 Grad Panorama zu bieten und das Plateau eint sie alle: Langläufer streben davon, Winterwanderer schultern ihre Rucksäcke, Rodel werden gezerrt, einheimische Rennkids fliegen im Schlittschuhschritt davon. Winzige Skizwerge werden an die Leine gelegt – Grüsch mit dem Füchsli Land ist eines der Kinderskigebiete der Alpen. Aber zu seinen Füßen liegen auch knackige Pisten, die Talabfahrt hat es in sich, wer sie mehrfach in einem Zug durchfährt, braucht Schmalz in den Waden.
8. Hörnerdörfer vs. Oberstdorf
Allgäuer Gschichtla
Das Höchste liegt im Allgäu in Oberstdorf und im angrenzenden Walsertal. Das Illertal säumen aber auch Berge, die Seelenorte der Allgäuer sind.
1952 gewann Ossi Reichert in Oslo die Silbermedaille im olympischen und 1956 in Cortina Gold im Riesenslalom. Ossi war eine Allgäuer „Fehl“, was Mädchen meint. D´Babl“ ist eine Puppe, der „Krätta“ ein Korb, „Hennapfrupfa“ sind ein überaus lautmalerischer Ausdruck für Gänsehaut und „Rossmucka“ sind Sommersprossen. Ossi stammte vom Berggasthof, von jenen Bergen, die man Hörnergruppe nennt und die idyllisch über dem Illertal stehen. Sie sind seit jeher Legenden der Allgäuer Skileidenschaft.
Das Gebiet GO (Gunzesried-Ofterschwang) nennt sich „Skischaukel“, was vielleicht eine liebenswürdige Übertreibung ist. Die 18 Kilometer uin den Hörnerdörfern machen kein Megagebiet, aber es ist einfach herrlich zwischen Gunzesried und Ofterschwang zu cruisen. Vor allem auf der „Hintenrum“ Piste am Berghaus Blässe vorbei – beziehungsweise natürlich nicht vorbei. Hier ist der Einkehrschwung zwingend, in der Sonne sitzen, genießen – alles ein bisschen wie annodunnemals.
Das Gebiet ist sehr zugänglich, egal ob man Skifahrern, Tourengeher oder Wanderer ist. Highlights sind die beiden Höhenwanderwege – einmal aufs Ofterschwanger Horn und zum zweiten in Bolsterlang unterem Weiherkopf zum Berghaus Schwaben: Mit 7 Kilometern ist das einer der längsten Höhen-Winterwanderwege im Allgäu, das alles auf 1500 Metern mit 20 Ruhebänken.