Im Winter ist die Sella-Umrundung in den Südtiroler Dolomiten ein Muss im Skifahrerleben. Abseits der Schneesaison wird sie mit Ebike und Liftunterstützung zu einem legendären Bikedolo-Erlebnis. Die beste Zeit fürs Biken in den Dolomiten ist der Herbst. Die Lifte haben je nach Region bis in den Oktober – teils sogar bis in den November hinein geöffnet.

Ankunft in Alta Badia

Ankunft auf der Pralongià Hütte, auf den Pralongià-Wiesen in Alta Badia, die im ladinischen Nationalepos vom Reich der Fanes eine gewaltige Rolle spielen. Im opulenten Ränkespiel um den gierigen Vater und die gute Königstochter Dolasilla verliert diese durch einen Trick ihre unfehlbaren Pfeile und ihr weißer Panzer verfärbt sich schwarz. Die Weissagung der Zwerge war, dass ihr mit einem schwarzen Panzer der Tod bevor stünde.

Ein Mountainbiker fährt durch eine Wiese
Die Pralongià-Wiesen halten, was ihr Name verspricht © Nicola Förg

Sie sieht sich aber in der Pflicht zu kämpfen und just auf jenen Wiesen kommt es zur Entscheidungsschlacht. Dolasilla stirbt, ihr verräterischer Vater wartet am Lagazuoi und erwartet von den Feinden eine Belohnung. Diese denken aber gar nicht daran, dem König das Gold zu geben, vielmehr verwandelt sich der „falsche König“ (falza rego) in Stein. Bis heute steht er erstarrt am Falzaregopass.

Es gibt höhere Berge, aber keine so bezaubernden

Es ist kein Wunder, dass der kleine, unbedeutende Mensch Sagen und Legenden spinnt, um eine solch gewaltige Natur zu begreifen. Es gibt höhere Berge im Erdenrund, aber keine, die so bezaubernd sind. Wenn die Pralongià-Wiesen wie Gold im Abendlicht glänzen, wenn die Berge über Alta Badia erröten, dann sieht man ein paar der Fanes Leute über die Wiesen huschen – und das liegt nicht am Wein der genussreichen Pralongià-Hütte!

Im Gold des Abendlicht glänzt die Pralongià-Hütte © Nicola Förg
Im Gold des Abendlicht glänzt die Pralongià-Hütte © Nicola Förg

Die Hütte ist das erste Etappenziel einer Bikedolo-Tour, die tierisch auf der Seiser Alm begann. Beäugt von zwei jungen Alpakas vor dem Hotel Panorama soll es zum Duran-Pass gehen. Und schon nach einer halben Stunde Fahrzeit stürzt sich ein offenbar suizidales Murmeltier über den Weg und wäre fast in die Speichen geraten.

Wenig später kreist der Adler über den Rosszähnen, und eine blonde Haflingerdame blickt besorgt auf ihr Kind, das noch im Fohlenpelz steckt. Man kann sie beruhigen: Der kleine Hengst ist eindeutig zu groß als Beute für den König der Lüfte.

Der Bikedolo-Weg hinauf zum Pass

Der Bikedolo-Weg steigt in weiten Serpentinen hinauf zum Pass und bergab sind die Schotterpassagen nicht ganz ohne, so wie die erste hinunter Val Duron. Das Tal zieht sich zwölf Kilometer von der Seiser Alm nach Campitello di Fassa, anmutig liegt es am Duron Bach, Wiesen changieren in allen Schattierungen von Grün, wenige Wolken jagen übers Himmelblau und malen Flecken ins Anthrazit der Felsen.

Rinder gibt es zuhauf im Val Duron © Nicola Förg
Rinder gibt es zuhauf im Val Duron © Nicola Förg

Ein paar Highland Rinder kauen stoisch wieder und genauso stoisch betreibt Lino Brach seine Baita. Und mit Humor, die schrägen Skulpturen zeigen seine Sicht der Welt: Aus einer Kanone wachsen die Kunstblumen.

Gewaltige Optik hinüber zum Sellastock

Unten in Campitello ist es sommerwarm und an der Bergstation der Col Rodella Bahn kommt Bergkühle zurück und eine gewaltige Optik hinüber zum Sellastock. Einiges los in den bleichen Bergen, es scheint, als sei halb Italien unterwegs, denn Italo-Sommerurlaub heißt immer, dass die Familie mit Kind und Kegel, Oma, Opa und Fiffi unterwegs ist.

Deswegen ist in der Steinernen Stadt nun auch eine Pfadspur für Wanderer ausgewiesen und eine für Biker, Bikedolo eben. Beide enden an der Comici-Hütte, der Langkofel blickt auf das bunten Lager- und Picknickleben auf den Wiesen vor der Hütte.

An der Comici-Hütte ist man auf Biker eingestellt © Nicola Förg
An der Comici-Hütte ist man auf Biker eingestellt © Nicola Förg

Ein schier endloser Wiesenweg talwärts, hinauf nach Col Alt und über jene Wiesen, die so wichtig waren im Fanesreich. Die Pralongià-Hütte dagegen ist ein Reich für Genießer, die Zimmer stylisch wie in einem Berghotel, nix mit dem Brunnen vor dem Hüttentore, das ist Berg(er)leben gepaart mit Bikedolo auf höchstem Niveau.

Weiter geht es auf Bikedolo-Nebenwegen

Am nächsten Morgen gibt die Sonne erneut alles, ein schneller Cappuccino im Hotel Armentarola darf sein und weiter geht es auf Bikedolo-Nebenwegen nach Pedraces. Pedraces und St. Leonhard sind authentische Dörfer geblieben, die St. Leonhard-Kirche zählt mit Recht zu den schönsten Kirchen Südtirols und die Lage unterem Heiligkreuzkofel ist nun mal bilderbuchmäßig.

Zwei Mountainbiker machen Pause und lassen sich von einer Kellnerin bedienen
Zum Bikedolo-Erlebnis gehört auch die wohlverdiente Pause © Nicola Förg

Auf der L´Tama-Hütte sitzt Andrea Irsara, der schnell mal hochgebikt ist – zum Ausgleich. Er muss gleich wieder weg, in sein Hotel Gran Ander. Hier wird zum Niederknien genial gekocht, simpel und sexy. Die Produkte sind regional, die Rezepte entlocken der ladinischen Küche ungeahnte Aromen. Grad bleiben möchte man anderntags, aber der Piz La Ila ruft und eine schier endlose Abfahrt nach Corvara. Rauf aufs Grödner Joch und runter nach Wolkenstein.

Bikedolo-Radweg auf ehemaliger Bahnstrecke

Das gesamte Tal durchzieht ein Radweg, der auf der ehemaligen Bahnstrecke verläuft und für Bikedolo bestens geeignet ist. Die Grödner Bahn war eine 31 Kilometer lange Lokalbahn, die in Klausen startete. Ihre Spurweite war eine so genannte „bosnische“ mit 760 mm und wurde 1915/16 als Heeresfeldbahn im Ersten Weltkrieg gebaut.

Ein Mountainbiker vor der Bergkulisse der Dolomiten
Vom Gewitter ist weit und breit noch nichts zu ahnen, das ändert sich in der Bergwelt aber rasant © Nicola Förg

Bis zu 10.000 Arbeitskräfte waren im Einsatz, 1960 wurde sie stillgelegt, weil das Auto einen Siegeszug antrat. Heute nutzt sie den Bikedolo-Reisenden, bevor es zurück geht auf die Seiser Alm. Lunch auf der Sanon Hütte, wo die Liegestühle bunt die Wiese übersprenkeln. Ein Zitronenfalter landet auf einer Blüte des Himmelsherold, ein paar Dohlen kreisen, hinterm Schlern zieht ein Gewitter auf, Timing ist alles im Bikerleben und beim Bikedolo!

Informationen

Anreise

Die wichtigsten Bahnverbindungen führen über München. Die Orte in den Dolomiten sind über ein gut ausgebautes Straßennetz leicht zu erreichen. Der schnellste Weg führt über die Brennerautobahn. Wer statt der Autobahn über die Alpenpässe nach Südtirol reisen möchte, findet tagesaktuelle Informationen zur Befahrbarkeit auf unserem Partnerportal, dem Pässeportal.

Die vorgeschlagene Tour

Tag 1: Seiser Alm, Hotel Panorama, Duron Pass, Duron Tal, Campitello, Lift Col Rodella, Steinerne Stadt, Comici Hütte, Plan de Gralba, Wolkenstein, Lift Dantercepies aufs Grödner Joch, Colfosco, Lift Col Alt, über die Pralongià Wiesen zur Pralongià Hütte, Übernachtung.

Tag 2: nach Armentarola, auf Nebenwegen nach St. Kassian, La Tama Hütte, Abfahrt nach Pedraces, Übernachtung im Hotel Gran Ander; Tag drei: nach La Villa, Bahn auf den Piz La Ila, Abfahrt nach Corvara, Bahn aufs Grödner Joch, Abfahrt nach Wolkenstein, durchs gesamte Grödnertal, Auffahrt zur Seiser Alm ab St. Ulrich, über die Seiser Alm retour zum Hotel Panorama.

Charakteristik

MTB auf mittelhohem Niveau, lange Abfahrten, teils sehr schottrig, sinnvoll sind Fullys, Ersatzbremsbeläge mitnehmen!

Unterkunft

Das Alpenhotel Panorama ist ein zauberhaftes Berghotel inmitten der Dolomiten auf der Seiser Alm. Geboten werden gemütliche Zimmer, tolle Küche und ein Pool.

Die Pralongià-Hütte ist die erste und höchste Berghütte (2157 Meter über dem Meeresspiegel) auf der Hochebene Pralongià zwischen Corvara, Stern und St. Kassian. Diese wird wegen der atemberaubenden Aussicht auch Amphitheater der Dolomiten genannt. Schon seit 1932 werden hier Besuchern verköstigt, die auf dem Alta Badia Höhenweg und auf dem Höhenweg Nr. 9 zu Fuß oder mit dem Mountain Bike unterwegs sind.

Das Hotel Gran Ander in Alta Badia wird seit mehreren Generationen von der Familie Irsara geführt und bietet schöne Zimmer, ein gutes Restaurant und ein charmantes Wellnesscenter mit Panoramablick auf den Sass dla Crusc.

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