Der älteste und gleichzeitig Italiens größter Nationalpark feiert dieses Jahr seinen 100. Geburtstag. Der Gran Paradiso Nationalpark erstreckt sich in den Alpen über 70.000 Hektar und befindet sich zu einer Hälfte im Aostatal und zur anderen im Piemont. Anlässlich des Jubiläums sind ganzjährig viele Veranstaltungen geplant. Hauptziel ist es auf das wichtige Ökosystem mit seiner Flora und Fauna, die Tierwelt und den nachhaltigen Tourismus aufmerksam zu machen.
Italiens kleinste Region liegt im Norden des Landes und grenzt an die Schweiz und Frankreich. Die gewaltigen Viertausender wie das Matterhorn, der Mont Blanc oder der Monte Rosa erstrecken sich über die Ländergrenzen hinweg. Ganz im Gegensatz zum Gran Paradiso, der schroffe Gletscherberg gehört mit 4.061 Metern Höhe zu den gewaltigsten Bergmassiven in Europa und liegt vollständig in Italien, im gleichnamigen Nationalpark. Der niedrigste Punkt liegt auf 800 Metern.
Italiens größter Nationalpark umfasst insgesamt fünf Täler mit typisch alpinem Charakter, zahlreichen Gletschern, Felsen, Lärchen- und Tannenwäldern. Zu den Tälern im Aostatal zählen das Cogne-Tal, Valsavarenche-Tal und das Rhêmes-Tal.Im Jahre 2014 wurde er als einziger italienischer Nationalpark in die Green List der International Union for Conservation of Nature (IUCN) aufgenommen.
Italiens größter Nationalpark ist Schutzrefugium und Ursprung alpiner Steinböcke
Die Eröffnung des Schutzgebietes ist eng mit der Erhaltung des Symboltieres des Parks, dem Alpensteinbock, verbunden. Hier liegt auch der Ursprung aller Artgenossen der Alpen. Nach dem Zweiten Weltkrieg existierten weltweit lediglich 416 Exemplare.
König Vittorio Emanuele II. erklärte 1856 das Tal rund um den Gran Paradiso zum königlichen Jagdrevier. Durch den Schutz und die Zurückhaltung wurde der alpine Steinbock vor dem Aussterben bewahrt. Im Gebirge befanden sich mehrere Jagdhäuser des Königs, so wie das Haus auf über 2.000 Höhenmeter im Tal von Cogne. Das Rifugio Vittorio Sella dient heute als Schutzhütte zur Übernachtung mit erstklassiger Verpflegung.
Zum damaligen Transport wurden 300 Kilometer Saumpfade angelegt, die heute als Wanderwege dienen. Parallel dazu wurde eine Gruppe an Rangern ausgebildet, die Flora und Fauna schützen sollten, als auch die Wilderei unterbinden. Der Wildtierbestand konnte so effektiv geschützt werden. Einige Jahre später, in 1920, schenkte der Nachfolger Vittorio Emanuele III. das Reservat dem italienischen Staat, um daraus einen für jeden zugänglichen Naturpark zu machen. 1922 wurde somit der Nationalpark Gran Paradiso gegründet, heute Italiens größter Nationalpark.
Der Bestand an Alpinsteinböcken fasst heute circa 3.000 Exemplare. Die Ranger des Nationalparks verfügen über ein tiefes Wissen über das Gebiet, die Tiere und die Umwelt und haben mittlerweile die Gefahr der Wilderei unter Kontrolle. Hauptaugenmerk liegt auf der Einhaltung der Regeln des Nationalparks. Dazu gehören kein freies Camping, kein Mitführen von Hunden, und das Entfernen von Pflanzen ist ebenfalls untersagt. Natürlich bieten sie aber Geleit, wenn sich Wanderer verirrt haben.
Einklang zwischen Mensch und Natur
Ziel der Parkverwaltung, die von der Region des Aostatals gesteuert wird, ist es die wirtschaftliche und soziale Entwicklung der Bevölkerung des Parks sicherzustellen. Demnach werden verschiedene Forschungen stark gefördert. Dabei geht es darum Landbewirtschaftungs-Methoden, die eine nachhaltige Integration zwischen Mensch und Natur erzielen und den Naturschatz beschützen, voranzutreiben, um auch den im Park ansässigen Bewohnern eine gute Lebensqualität zu ermöglichen. Der Fokus liegt auf neuen nachhaltigen Produktionen und schützt die Kultur und die Tradition, welche die Forst- und Landwirtschaft, die Viehzucht, das Kunsthandwerk und die lokale Architektur bereichern.
Die Tierwelt des Parks
Italiens größter Nationalpark weist eine vielfältige Tierwelt auf. Der alpine Steinbock ist das Symbol des Parks. Er ist erstaunlich zutraulich; man sieht ihn häufig beim Weiden, allerdings zieht er sich während der heißen Sommermonate in kühlere Regionen zurück. Während die männlichen Tiere, die an ihren langen gebogenen Hörnern zu erkennen sind, in kleinen Gruppen leben, bleiben die weiblichen Tiere mit kürzeren Hörnern beim Nachwuchs.
Neben dem Steinbock ist auch der Gamsbock stark vertreten – doch ist sie weitaus scheuer und daher sehr viel schwieriger zu beobachten. Ein weiterer putziger Bewohner ist das Murmeltier. Der sympathische Nager gräbt lange Tunnel, um vor Gefahren zu flüchten und sich auf den Winterschlaf vorzubereiten. Während der Wanderungen begegnet man vielen großen Löchern, die ein üppiges unterirdisches Zuhause erahnen lassen.
Zu den vertretenen Vogelarten zählen Raubvögel, wie der Steinadler, sowie zahlreiche kleine Sperlingsarten. Bei den kürzlich erfassten Zählungen konnte man wieder den im Jahr 1912 in diesem Gebiet ausgestorbenen Bartgeier ausfindig machen. Dieser ist durch ein internationales Projekt wieder in die Alpen zurückgekehrt. Dem Luchs, einer der am stärksten vor dem Aussterben bedrohten wildlebenden Katzenarten, bietet Italiens größter Nationalpark ebenfalls eine Heimat.
Die Flora des Parks
In Cogne gibt es den botanischen Alpengarten Paradisia. Besonders im Juli, wenn viele der mehr als 1.000 Arten des Gartens in voller Blüte stehen, zeigt er sich in voller Pracht. In den Wäldern der Täler ist der Wanderer von Lärchen, Rottannen, Zirben und Weißkiefern umgeben.
Italiens größter Nationalpark hat einige außergewöhnliche Pflanzen zu bieten. Zu den seltenen Blumen des Parks zählen die Potentilla pensylvanica (Pennsylvanisches Fingerkraut) der trockenen Weiden oberhalb von 1.300 Meter, die Astragalus alopecurus (eine Tragant-Art), die ausschließlich im Aostatal wächst, die Aethionema thomasianum (eine Stauden-Art), die Linnaea borealis, eine nacheiszeitliche Pflanzenart, die in Nadelwäldern wächst, und die Paradisea liliastrum, eine wunderschöne weiße Lilie, die dem historischen „Giardino Paradisia“ ihren Namen verleiht.
Weiterführende Informationen und Details zu den Öffnungszeiten gibt es hier.