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Ein Naturenergetiker hat gemessen und bestätigt: Das Eggishorn innerhalb der 2001 zum UNESCO-Weltnaturerbe erklärten Bergregion Jungfrau-Aletsch-Bietschhorn ist ein Kraftplatz. Das hätte er aber gar nicht beweisen müssen, auch nicht beschildern mit den Worten „Klarheit“ und „Genuss“. Es ist spürbar, auch ohne esoterisch angehaucht zu sein, dass hier oben ein magischer Platz einlädt, einfach nur Dazusein.
Wer mit der ersten Gondel hinauf in die Schweizer Bergwelt heraufschnurrt, womöglich den ersten Kaffee bekommt, den die Horli Hitta braut, ist dann fast allein mit dem Blick auf Eiger, Mönch und Jungfrau und auf den Konkordiaplatz, wo der Aletschgletscher noch 800 Meter dick ist. Noch! Es hat geschneit in der Nacht, im Winter sind die riesigen Schmelzwasserbäche, die im Sommer über den Gletscher fließen, nicht präsent.
Bedrohter Alpenzauber
Urs Tester, Biologe mit Schwerpunkt Ökologie, arbeitet seit über 30 Jahren bei Pro Natura als Abteilungsleiter Biotope und Arten und beobachtet den Rückgang des Gletschers auch seit über 30 Jahren. „Deprimierend ist für mich die Vorstellung, dass dieser riesige Gletscher in wenigen Jahrzehnten komplett wegschmelzen könnte. Fehlen die Alpengletscher hätte das heftige Auswirkungen auf den Wasserhaushalt in Mitteleuropa“, sagt Tester.
Pro Natura will niemandem die Urlaubslaune verderben, aber nur was man kennt und lieben lernt, will man schützen und an kaum einem anderen Ort der Alpen ist dieser bedrohte Zauber so präsent. Wenn man auf Ski dann weiterreist aufs Bettmerhorn gibt es auch hier einen Viewpoint auf den Gletscher und natürlich auf der Terrasse des Restaurants die Tafel, die alle Berge jenseits des Rhonetals erklärt. Ganz hinten der Berg aller Berge, das Matterhorn – und es ist fast ein Muss das „Touristenfoto“ zu schießen, bei dem man das Matterhorn quasi auf der Handfläche trägt.
Auch an die Moosfluh ist ein Viewpoint, wo man auf der gegenüberliegenden Seite eine farbliche Trennlinie sieht. „Dies war der Höchststand des Gletschers um 1850. Man sieht deutlich, wie stark der Gletscher zurückgegangen ist und es ist erschreckend wie schnell das geht. Unterhalb der Hohfluh sehen wir Risse im Hang. Weil der Gletscher fehlt, sind die Berghänge instabiler geworden und es kommt zu Hangrutschungen“, sagt Tester. Auch die Bergstation Moosfluh wurde technisch ausgeklügelt ertüchtigt, sie passt sich dem Gelände an, das längst arbeitet und sich bewegt.
Reise auf Skiern
Die Reise auf Ski geht weiter, hinüber nach Riederfurka. Auch wenn das Pro Natura Zentrum Aletsch in der Villa Cassel nur im Sommer geöffnet hat, ist das Haus ein Stück Historie, an einem begnadeten Platz. Und just diesen Platz hat 1901 eine Villa okkupiert. Der steinreiche jüdisch-deutsche, aber in England lebende Bankier Sir Ernest Cassel bekam von seinem Arzt die Riederalp gegen eine Art frühes Burn Out Syndrom verschrieben.
Cassel kam also völlig gerädert nach langer Zugfahrt in Brig an, dann mit dem Landauer nach Mörel und schließlich mit Mulis hinauf nach Riederfurka. Entsetzen machte sich breit über das wenig komfortable Hotel, aber der Arzt blieb hart. Cassel hätte dazubleiben! Er blieb und beschloss, eine angemessene Villa bauen zu lassen. 1902 war das Werk aus Türmchen, Erkern und Ornamenten fertig.
Der damalige Pfarrer befand: „Es passt in die Landschaft wie ein Fünfliber in einen Kuhfladen“ Hier heroben wurde Weltpolitik gemacht, Cassel war engster Freund des englischen Königshauses, er war Vaterfigur für Churchhill und als kluger Weltbürger zerbrach er am Wahnsinn der Welt. Bis zuletzt hatte er versucht, den Ausbruch des 1. Weltkriegs zu verhindern. Stoisch sah dagegen die Villa dem Weltenlauf zu, sah die Enkelin von Sir Ernest, die spätere Lady Mountbatten, Vizekönigin von Indien heranwachsen, sah sich als Hotel verkauft und ist seit 1976 das erste Naturschutzzentrum der Schweiz.
Der Mensch ist Teil der Natur
Das hätte auch Cassel gefallen – und es gibt eben kaum einen besseren Platz in den Alpen, als den Logenplatz am schwindenden Gletscher, um die Wichtigkeit von Natur- und Artenschutz zu begreifen. Wenn der Mensch doch endlich begreifen würde, dass er Teil der Natur ist und er sie braucht – nicht umgekehrt.
Der Tag geht allmählich, das Licht wird milde, der Schnee sulziger, die Hütten servieren einen Apero, bevor man überlegt, wo man den Tag ausklingen lässt. Oder was man noch einkaufen muss. Urs Tester wünscht sich von jedem Einzelnen zu überlegen, wie man selbst zum Schutz des Klimas beitragen kann.
Mit der Wahl der Aletsch Arena ist bereits ein großer Schritt getan. Das Hochplateau deckt den Stromverbrauch zu 100 Prozent aus erneuerbarer Energie. Hier ergibt die Bahnanreise Sinn, denn oben ist man sowieso autofrei unterwegs, das Hauptverkehrsmittel ist der Ski und dient eben auch als profanes Fortbewegungsmittel beim Einkauf. Wenn die Lifte schließen, tummeln sich auf der Hauptachse des Orts Skifahrer beidseitig mit Einkaufstüten behängt, Rodel, Hunde, Fußgänger, Schneeschuhwanderer.
Der Aletsch ist nichts für Après-Ski
Das Weltnaturerbe ist wahrlich kein Skigebiet für Après-Party-Löwen, auch kein Skigebiet für Jünger schwarzer Rinnen, aber eines, wo man auf Skiern reisen kann, wo die Pisten so breit sind, dass Carving mehr als eine Absichtserklärung auf dem Ski ist. Hier oben liebt und lebt man den Schneesport und weil das so ist und auch so bleiben soll, gibt es am Samstag für die einheimischen Kids bis 16 kostenlose Lifttickets.
Die Idee hat ihren Ursprung darin, dass selbst im Wallis in vielen Familien unten im Talgrund Skifahren nicht mehr unbedingt auf der Agenda steht und dass Samstag der An- und Abreisetag der Gäste ist. Platz für die „locals“, die Restaurants freut das: Die Wertschöpfung ist nun an Samstagen höher als an Sonntagen. Man steht zum Skisport – und propagiert ihn längst nicht mehr als das allein Seligmachende. Auch die Winterwanderwege wollen hoch hinaus, auch als Wanderer hat man 40 Viertausender im Blick.
Ohne Bahnen gibt es hier kein Leben
Die Bahnen sind so viel mehr als Liftanlagen. „Ohne Bahnen gibt es kein Leben hier. Sie sind unser Motor. Wenn die Bahn kränkelt, ist die Destination erkältet“, sagt Valentin König, CEO der Aletsch-Bahnen. Er und seine Frau Monika leben auf der Alp und wissen nur zu gut, dass die Bahnen vor allem für die Einheimischen eine Lebensader sind. Sie sind Verkehrsmittel! Wer im Tal arbeitet, nutzt die Bahn. Die Kinder von der Bettmeralp fahren natürlich mit der Bahn hinunter in die Schule im Betten. Betten, das reizende Dorf, bekam überhaupt erst 1983 eine Straße!
Und die Bettmeralp hat ihre Karriere als Wintersportort auch erst 1962 begonnen, als erstmals Skilifte in Betrieb genommen wurden. Vorher verbrachten hier nur Kühe, Schafe und Ziegen den Sommer mit ihren Hirten und Sennen. Als 1953 das Waldhotel als erstes Hotel eröffnet wurde und gar das „Elektrische“ brannte, war das schon eine Sensation – mehr noch die ersten Wintergäste. Im Winter auf der Alp?
Charmante Dorfführungen
Viele der älteren Bettmer fanden das höchst bizarr, machten sie mit den Eltern doch das Nomadenleben der Bauernfamilien mit: klassische Transhumanz mit Wintern im Tal, Frühjahr und Herbst auf der Maiensäß und die Sommer auf der Alp. Hier heroben war man unter sich, man heißt auch heute noch gerne Mattig, Minnig, Imhof, Stucky oder Eyholzer.
Edelbert Mattig arbeitet bei der Bahn, im Sommer macht er charmante Dorfführungen in Betten – und er läutet die Glocke der Bettmer Dorfkirche. Dazu hat er eine App auf dem Handy, hier liegen die technische Moderne und das Heimatgefühl nahe beisammen. Die Aletsch Arena zeigt Wege auf, wie Winterurlaub in Zeiten des Klimawandels lebbar ist.
Informationen
Allgemeine Informationen über den Schweizer Kanton gibt die Website vom Wallis. Die Website der Aletsch Arena ist nicht nur äußerst angenehm gestaltet, sondern bietet in der zugehörigen App auch viele weitere sinnvolle Funktionen.
Anreise
Die Wintersperrung der Pässe erfordert entweder den Autoverlad Lötschberg–Goppenstein oder den Autoverlad Realp–Oberwald. Sinnvoll ist eine komplette Bahnanreise.
Skigebiet
Gesamt: 104 km, leicht 42 km, mittel 50 km, schwer 12 km
3 Snowparks und die Gletschi Family Funslope: auf 480 Metern Länge jede Menge Features, die auch spielerisch die Skikoordination verbessern, an der Sesselbahn Blausee.
Es gibt einen Skipass, der nur die direkten Zubringerbahnen aus dem Tal beinhaltet oder einen mit allen Bahnen, dazu zählt auch schon die Bahn nach Betten. Der Entdeckerpass wendet sich an Fußgänger, die auf 72 Kilometern winterwandern möchten.
Unterkunft
Die Bettmeralp hat den dörflichsten Charakter. Die Fiescheralp mit dem Sport Resort eignet sich vor allem für Gruppen. Die Riederalp ist am intimsten. Überall dominieren Chalets und Ferienwohnungen.
Ein charmantes Hotel auf der Bettmeralp ist das Hotel Waldhaus. Hübsche Arvenzimmer, tolle Aussicht, wertige Produkte.
Hütten
- Bättmer-Hitta, unterhalb der Sesselbahn Schönbiel, Walliser Spezialitäten und die Cremeschnitten
- Heidi’s Hütte, auf der Fiescheralp an der Heimat Sesselbahn mit hervorragender Küche und Weinen
- Chüestall, an den Bahnen Blausee und Moosfluh, vom Kuhstall zum tollen Bergrestaurant
- Restaurant Riederfurka, trendige Hütte, Italien trifft Alpines
- Horli-Hitta, an der Bergstation Eggishorn auf 2869 m