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Andrea Göbel ist gerne in den Bergen unterwegs. Wandern mit Hund mag sie. Weniger hochalpine Touren, stattdessen liebt sie Wanderungen zu Gebirgsseen und Hütten. Mit dabei ist immer Cleo, ihre sechsjährige Sheltie Hündin, die etwas Besonderes ist, weil sie nur ein Auge hat. Das hält sie aber nicht davon ab gut gelaunt und freudig bei Erkundungen dabei zu sein.
Auch dabei ist ein Rucksack, der neben Wasser und Brotzeit für Frauchen auch das enthält, was die Begleitung auf vier Pfoten so braucht: Reisenapf, Wasser, Futter, Leckerchen, Pfotensalbe, selbstklebendes Verbandsmaterial, Socken für die Pfoten, falls es mal weh tut, und eine Zeckenzange. An mindestens diese Dinge sollte man beim Wandern mit Hund denken.
Tipps der Tierärztin
„Dieses nasse Jahr ist eine Ausnahmen, in den vergangenen Jahren, als es über einen langen Zeitraum sehr trocken war und die Bäche und Wasserquellen entlang der Wanderrouten oft nicht mehr vorhanden waren, haben wir anderen Hundebesitzern und vor allem deren durstigen Hunden des Öfteren mit Wasser ausgeholfen. Dehydrierung kann sehr schnell gefährlich werden“, erzählt Andrea.
Weiter führt sie aus: „Meine Feststellung war, dass die Menschen sich zu sehr darauf verlassen haben, dass im Gebirge immer irgendwo Wasser ist. Aber solche Gewässer können Mikroorganismen enthalten, die beim Hund zu Magen-Darm-Beschwerden führen können. Daher sollte man immer ausreichend frisches Wasser mit dabeihaben.“
Sie hatte so einige Fragezeichen im Kopf, als sie beim Wandern mit Hund Tiere sah, die augenscheinlich entkräftet waren. Einmal sorgte sie sich um einen Mischlingshund aus dem Rheinland, der keine Schotterwege gewohnt war und sich die Pfoten wund gelaufen hat. „Das Humpeln hat beim Hinsehen schon furchtbar weh getan“, sagt sie. Der Hund hatte insofern Glück, als Andrea Göbel Tierärztin ist und den verletzten Hund versorgen konnte. Sie empfahl, dem Hund den weiteren Abstieg zu ersparen und die Bergbahn zu nehmen.
Die Urlauber gaben an, dass sie in einer Social-Media-Gruppe nach Touren mit Hund gefragt hatten und auch Empfehlungen bekommen hatten. „Das Problem ist aber, dass die Einschätzung von Schwierigkeiten sehr subjektiv ist und man auch von Nicht-Hundebesitzern Empfehlungen bekommt, die dann womöglich schwierige Passagen oder Klettersteige enthalten. Kaum ein Hund wird stehen bleiben und sich verweigern. Er will Herrchen und Frauchen folgen, sei es in den Abgrund.“
Das Tier will folgen, auch in den Abgrund
Kondition ist mehr als relativ, etwas, was auch Petra und Christian Lax erleben, Hüttenwirte der Buchenbergalm bei Buching. In einheimischer Sichtweise ist der Buchenberg ein „Bergerl“, ein Gupf, „aber für einen Flachlandhund, der nur eine halbe Stunde am Rhein flaniert, ist das eben doch anstrengend“, sagt Lax.
„Es kommt mir so vor, als wollten vor allem die Menschen dem Hund etwas bieten, einen tollen Tag haben, dabei aber völlig vergessen, dass sie das Tier überfordern. Ein untrainierter Hund sollte bei Temperaturen über 20 Grad Celsius, gerade wenn die Wege nicht im Schatten liegen, nicht auf eine Bergtour. Wir erleben das täglich mehrfach, dass Hunde hier ankommen, denen die Zunge am Boden hängt. Die Aussagen sind gleich. Man dachte, das sei ja nur so eine kurze Wanderung.“
Andrea Göbel ergänzt: „Wie wir Menschen muss auch der Hund langsam Kondition aufbauen und man darf nicht vergessen, dass ihm die Hitze viel mehr zu schaffen macht als uns Menschen. Hunde haben schließlich immer ihren Pelzmantel an.“ Beim Wandern mit Hund stehe vor allem der Spaß am gemeinsamen Abenteuer im Vordergrund. Der Hund darf nach einer Tour durchaus müde sein, der Stadthund, der zuvor nie im Gebirge war, sollte aber auf keinen Fall mehrere Tage zur Erholung vom Muskelkater benötigen.
Tierische Hitzschlag-Gefahr
Und weil sich solche Begegnungen und Begebenheiten häuften, gibt die Tierärztin nützliche Tipps, um einen Hitzschlag beim Tier zu vermeiden. Und was ihr auch auffiel: „Viele wissen nicht, dass es in einigen Bergbahnen in Deutschland eine Maulkorbpflicht gibt, in Österreich und Italien gilt das generell. Es gibt dann Leihmaulkörbe, die selten passen und den Hund zusätzlich stressen. Und noch eins ist gut zu Wissen beim Wandern mit Hund: Die Bergrettung ist europaweit unter der Notrufnummer 112 zu erreichen!“
Wer im langsamen Tempo in der Ebene mit seinem Hund unterwegs ist, wird sich wundern: Schon nach 20 Minuten bei etwa 17 Grad Celsius Außentemperatur hatte der Hund mehr als 39 Grad Celsius Körpertemperatur. Man stelle sich vor, wenn es 30 Grad Celsius hat, die Sonne einstrahlt und das Gelände steil wird. Hunde besitzen fast keine Schweißdrüsen in der Haut, nur an der Unterseite der Pfoten, was zur Kühlung aber keine Bedeutung hat. Hunde müssen daher hecheln, um ihre überschüssige Wärme abzugeben und ihre Körpertemperatur konstant zu halten.
Schon bei einer Außentemperatur von etwa 30 Grad Celsius kann dieser Regelmechanismus bereits ohne zusätzliche körperliche Anstrengung nicht mehr ausreichend sein. Vor allem Rassen mit kurzen Schnauzen, dichtem Fell, Welpen sowie ältere oder kranke Tiere sind hier sehr anfällig. Ab einer Körpertemperatur von 41 Grad Celsius wird es beim Wandern mit Hund für das Tier lebensgefährlich.
Eiweiße (zum Beispiel Enzyme) werden zerstört, der Druck im Gehirn steigt. Das ist nicht nur sehr schmerzhaft, sondern kann zum Tod des Tieres führen. Erste Symptome sind: starkes Hecheln, vermehrter Speichelfluss, stark gerötete Schleimhäute und schwankender Gang.
Beim Hecheln verdunstet viel Wasser
Beim Hund macht Wasser etwa 60 Prozent des Körpergewichts aus. Es ist essentiell für zahlreiche Stoffwechselvorgänge im Körper. Da im Laufe des Tages Wasser durch Urin und Speichel verloren geht, ist es lebensnotwendig, eine ausreichende Menge an Wasser wieder zu sich zu nehmen, um diese Verluste auszugleichen.
Beim Hecheln verdunstet sehr viel Wasser, was den Flüssigkeitsbedarf des Hundes gerade im Sommer sowie bei körperlicher Anstrengung erheblich steigert. Bereits ab 20 Grad Celsius kann der Normalbedarf von ca. 80 Milliliter pro Kilogramm am Tag auf fast das Doppelte ansteigen! Wie viel Wasser der Hund trinken muss, hängt auch von der Fütterung ab – bei Trockenfutter muss der Hund das Wasser aktiv trinken, wenn es nicht eingeweicht verfüttert wird, bei Nassfutter nimmt er schon einen Großteil mit der Nahrung zu sich.
Mögliche Gefahren für Frauchen
Was viele auch nicht beim Wandern mit Hund einkalkulieren: Das Tier ist an der Leine, an einem Absatz springt der Hund womöglich einen Meter abwärts, es gibt einen Ruck, das zierliche Frauchen, oder auch entsprechende Herrchen, fliegt durch die Luft wie ein Crash Test Dummy. Es muss kein großer Hund sein, die plötzliche Straffung der Leine kann reichen, die Frau umzureißen.
Schon ein Hund mit 30 Kilogramm hat in der Abwärtsbewegung ein Vielfaches an Gewicht und der Mensch hat meist keinen guten Stand und ist auch nicht vorbereitet. Eine Leine im Gebirge nutzt, um die Hundemarke oder die Adresse des Tieres dranzuhängen, im Gebirge braucht es Führgeschirre, die es notfalls auch erlauben den Hund an einer schwierigen Stelle zu sichern.
Bei der Auswahl des richtigen Geschirrs beim Wandern mit Hund sollte man sich gut beraten lassen. Der Hund darf nicht herausschlüpfen können – es darf jedoch nicht reiben und Druckstellen verursachen. Wer will schon mit schlecht sitzenden Schuhen auf eine Wandertour gehen.
Do’s und Dont’s beim Wandern mit Hund
- Kondition: Auch der Hund muss im Vorfeld Kondition und Ausdauer trainieren. Dazu braucht man Zeit, man steigert sukzessive und kann sich nach und nach an mehr Höhenmeter heranwagen. Mindestens 10 Kilometer am Stück sollten für Hunde leicht zu schaffen sein, ehe es nach oben geht. Je unterschiedlicher der Untergrund, desto besser. So gewöhnen sich die Pfoten nach und nach an Schotter oder Wurzelwege. Wer einen Weitwanderweg plant, muss den Hund über Monate drauf vorbereiten. Zu berücksichtigen ist außerdem das Alter des Hundes, der Felltyp, Charakter, aber auch die „Ausstattung“ von Herrchen und Frauchen – alt, jung, trainiert, ängstlich, besonnen. Der Mensch muss sich selber realistisch und ehrlich hinterfragen.
- Abkühlen: Dem Hund den Bauch kalt abreiben, nicht das Wasser über den Rücken kippen. Am Bauch sitzend die großen Organe, da ist starke Durchblutung und die Abkühlung greift. Überhitzte Hunde niemals in Gumpen und schon gar nicht in Viehtränken springen lassen, dort verunreinigen die Haare, das Vieh kann das nicht mehr trinken.
- Gelenke: Junge Hund bis eineinhalb sollten nur sehr moderat oder gar nicht in die Berge gehen, um Knie und andere Gelenke zu schonen, nicht bloß die Hüfte ist gefährdet, vor allem die Ellbogen.
- Fütterung: Man selbst isst in der Frühe auch nichts Schweres. Das gilt auch beim Wandern mit Hund. Den Hund mit einer anständigen Portion füttern, aber so, dass der Beginn der Tour erst zwei Stunden spätererfolgt. Ein voller Bauch marschiert nicht gerne. Wo der Mensch am Gipfel schnell verfügbare Energie aus Schokolade oder Müsliriegeln zieht, da sollte auch der Hund eher etwas Leichtes bekommen. Es gibt Energieriegel für Hunde, ein Lamm & Reis Taler als Snack für zwischendurch ist hilfreich, es gibt beim Tierarzt auch Energiepasten, die man auch sehr gut ins Wasser mischen kann.
- Pause: Hunde, die überhitzt sind, legen sich gerne auf kalte Böden. Das ist zum kurzen Abkühlen in Ordnung. Aber langfristige Lagerplätze sollten immer warm sein, sonst leiden die Gelenke und Organe. Es gibt dafür leichte Hundematten. Hündinnen neigen – wie in der Menschenwelt die Damen eben auch – bei Verkühlung zu Blasenentzündungen oder Eileiterentzündungen.
- Temperatur: Im Sommer denkt man beim Wandern mit Hund an Überhitzung, im Winter an Kälte. Doch in der Übergangszeit ist mancher leichtsinnig. Im Herbst kann es schon sehr kühl werden, ein nasser Hund kann ernsthaft krank werden. Wenn er dann lagert, ist ein Wärmemantel keine Schande, der in etwa wie ein Schlafsack konzipiert ist. Er wirkt nach innen wärmend und isoliert nach außen gegen den Wind.
- Viehweiden: Almen und Weiden sind kein Zoo. Rinder sind Herden- und Fluchttiere. Anders als im Stall im Tale leben sie auf der Alm viel stärker ihre angeborenen Fähigkeiten aus. Vor allem Mutterkühe verteidigen ihre Kälber, jeder Hund ist ein Beutegreifer und damit eine Bedrohung. Einen Feind einzukreisen, ist eine Sache von ausgeklügeltem Sozialverhalten einer Herde. Dieses kann sich eben auch gegen Menschen und vor allem gegen Hunde beim Wandern mit Hund wenden. Man ignoriert Kühe, auch neugierige Jungviecher und macht keine Selfies. Kühe wollen nicht auf Instagram. Man umläuft sie, der Hund gehört an die Leine, auf der den Kühen abgewandten Seite. Nur im Falle eines Angriffs lässt man den Hund von der Leine, weil sich der Fokus der Tiere auf den Hund verschiebt – der kann leichter flüchten.
- Schwierigkeit: In Social-Media-Plattformen gibt es viele Tipps zum Wandern mit Hund. Doch Vorsicht: Die Aussagen sind meist sehr schwammig. Chatgruppen sind subjektiv, Touren auf Outdoorplattformen nicht auf Hunde zugeschnitten. Es helfen gute Karten und Information bei z.B. lokalen Bergführern. Blaue Wanderwege sind empfehlenswert; rote (mittelschwer) habe zum Teil schon kurze, versicherte Passagen. Schwarz heißt absturzgefährlich!